a) Grundsatz

aa) Überblick

Wird ein Terminsvertreter neben einem Prozessbevollmächtigten beauftragt, gilt § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Kosten mehrerer Anwälte sind grundsätzlich nur erstattungsfähig, soweit sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen.

Insoweit sind also die Mehrkosten des Terminsvertreters den durch seine Einschaltung ersparten Kosten des Hauptbevollmächtigten gegenüberzustellen.

Dabei sind in erster Linie auf Seiten des Hauptbevollmächtigten dessen fiktive Reisekosten mit einzubeziehen, die angefallen wären, wenn er zu dem Termin angereist wäre. Das setzt aber wiederum voraus, dass dessen Reisekosten auch erstattungsfähig gewesen wären.

Soweit die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht erstattungsfähig gewesen wären, dürfen nur die Gebühren und sonstigen Auslagen als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, nicht aber auch dessen fiktive Reisekosten.[3]

Handelt es sich bei der Partei um ein Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet werden kann und die Partei daher in der Lage ist, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend mit Mitteln der modernen Telekommunikation zu informieren und zu instruieren, sodass es nicht der Beauftragung eines ortsansässigen Prozessbevollmächtigten bedarf und damit auch keines Terminsvertreters.[4]

Führt ein zum Insolvenzverwalter bestellter Rechtsanwalt einen Prozess für die Masse vor einem auswärtigen Gericht und betraut er mit der Terminswahrnehmung einen am Gerichtsort ansässigen Unterbevollmächtigten, kann er nicht Erstattung fiktiver Reisekosten beanspruchen, weil er ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt sachgerecht über den Gegenstand des Rechtsstreits zu unterrichten und diesem als Hauptbevollmächtigtem die gesamte Prozessführung unter Ersparung jeglicher Reisekosen zu übertragen.[5]

Ist Prozessbevollmächtigte eine Rechtsanwalts-GmbH oder -Sozietät mit Standorten am Gerichtsort und am Sitz der auswärtigen Partei, so fallen Kosten eines Terminsvertreters nicht an. Diese sind auch nicht als ersparte Kosten einer Informationsreise der Partei erstattungsfähig.[6]

[3] OLG Koblenz AGS 2008, 154 = JurBüro 2007, 370 = OLGR 2007, 687 = VersR 2007, 1245 = RVGreport 2008, 147.
[4] OLG Düsseldorf Rpfleger 2006, 512 = JurBüro 2006, 485; OLG Koblenz AGS 2006, 523 = OLGR 2006, 656 = VersR 2007, 1580.
[5] BGH BB 2005, 1988 = ZVI 2005, 506 = ZInsO 2005, 1046 = Rpfleger 2005, 695 = NJW-RR 2005, 1591 = MDR 2006, 117 = BGHReport 2006, 68 = NZI 2006, 183 = RVGprof. 2005, 183 = RVGreport 2005, 432.
[6] KG KGR 2007, 250 = RVGreport 2007, 278.

bb) Maßstab

Die Rspr. lässt über den Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO eine Erstattung der Kosten des Terminsvertreters zu, wenn die Gesamtkosten, also die des Hauptbevollmächtigten und des Terminsvertreters, die Kosten, die entstanden wären, wenn der Hauptbevollmächtigte umfassend tätig geworden wäre, nicht wesentlich übersteigen.[7]

Bei den Gesamtkosten, die angefallen wären, wenn der Hauptbevollmächtigte den Termin selbst wahrgenommen hätte, ist bei dessen fiktiven Reisekosten grundsätzlich von den Kosten der Benutzung eines eigenen Kraftwagens auszugehen. Die Kosten für Flüge von sog. Billigfluglinien sind zur Berechnung fiktiver Reisekosten eines Prozessbevollmächtigten nicht geeignet.[8]

Eine Kostenerstattung auch in Höhe eventuell ersparter Terminsreisekosten der Partei kommt dagegen nicht in Betracht, denn der Terminsvertreter nimmt i.d.R. nicht anstelle der Partei am Termin teil, sondern anstelle des Verfahrensbevollmächtigten. So wird eine Partei schwerlich begründen können, wieso durch die Einschaltung eines Terminsvertreters das persönliche Erscheinen im Termin entbehrlich wurde. Erscheint die Partei neben dem Terminsvertreter nicht, dann wäre sie auch neben dem Verfahrensbevollmächtigten nicht erschienen, sodass insoweit keine Kosten erspart worden sein dürften.

[7] BGH AGS 2003, 97 = Rpfleger 2003, 98 = BGHReport 2003, 152 = MDR 2003, 233 = FamRZ 2003, 441 = JurBüro 2003, 202 = AnwBl 2003, 309 = WM 2003, 1617 = NJW 2003, 898 = RpflStud 2003, 89 = BB 2003, 72 = BRAK-Mitt. 2003, 25 = BRAGOreport 2003, 13 = EzFamR aktuell 2003, 29 = VersR 2003, 877 = MittdtschPatAnw 2003, 142.
[8] OLG Stuttgart AGS 2006, 206 = JurBüro 2005, 367 = OLGR 2005, 687 = Justiz 2005, 433 = RVGreport 2005, 319 = Rpfleger 2005, 573 = MittdtschPatAnw 2006, 142.

cc) Wesentlichkeitsgrenze

Eine wesentliche Überschreitung ist im Regelfall anzunehmen, wenn die angefallenen Mehrkosten des Terminsvertreters die ersparten Kosten eines umfassend tätigen Prozessbevollmächtigten um mehr als 10 % überschreiten.[9]

Insoweit ist i.d.R. der Vergleich der "Mehrkosten" des Terminsvertreters mit den ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten zu ziehen; also Fahrtkosten, Abwesenheitspauschale sowie sonstige Kosten wie Parkgebühren, Übernachtungskosten etc.

Wird...

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