RVG VV Nr. 7003
Leitsatz
LAG Niedersachsen, Beschl. v. 17.6.2011 – 17 Ta 520/10
1 Sachverhalt
Das ArbG Hildesheim hatte dem Kläger auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm im Wege der Prozesskostenhilfe den in D-Stadt ansässigen Beschwerdeführer zu den Bedingungen eines im Bezirk des ArbG Hildesheim ansässigen Anwalts beigeordnet.
Der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim ArbG Hildesheim hat die gem. § 45 RVG aus der Staatskasse an den Anwalt zu zahlende Vergütung auf 1.037,09 EUR festgesetzt. In dieser festgesetzten Vergütung sind Fahrtkosten für den durch das ArbG anberaumten Termin in Höhe von lediglich 39,00 EUR berücksichtigt. Hiergegen richtet sich das als Erinnerung ausgelegte Schreiben des Beschwerdeführers, mit dem er begehrt, die Fahrtkosten – wie beantragt – auf 43,70 EUR statt der berücksichtigten 39,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung verweist er darauf, dass bei der vorliegenden einschränkenden Beiordnung im PKH-Beschluss auf die weiteste Entfernung zwischen dem Gerichtssitz und der Grenze des Gerichtsbezirks abzustellen sei. Die von ihm geltend gemachten Fahrtkosten seien nicht höher als die Fahrtkosten für die weiteste Entfernung zwischen dem Gerichtssitz und der Grenze des Gerichtsbezirks des ArbG Hildesheim. Die Rechtspflegerin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab und legte den Vorgang der zuständigen Vorsitzenden zur Entscheidung vor. Diese hat die Erinnerung zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Diese hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Ein nicht im Bezirk des angerufenen Arbeitsgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann gem. § 121 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11a Abs. 3 ArbGG – auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Verkehrsanwalts – im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Weitere Kosten i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO entstehen grundsätzlich dann nicht, wenn die Entfernung seines Kanzleisitzes zum Gerichtsort kürzer ist als die größtmögliche Strecke eines Ortes innerhalb des Bezirks des angerufenen Arbeitsgerichts zum Sitz des Gerichtstages (Zöller-Philippi, ZPO-Kommentar, 28. Aufl. § 121 Rn 13 b). Im Regelfall sind die Reisekosten des im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung beigeordneten Rechtsanwalts gem. § 121 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11a Abs. 3 ArbGG daher auf die Kosten zu beschränken, die einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt entstehen würden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ohne weiteres die Reisekosten des im Gerichtsbezirk am weitesten vom Gericht entfernt niedergelassenen Anwalts zu erstatten wären. Das Gegenteil ergibt sich auch nicht aus § 121 Abs. 3 ZPO. Auch die im Gerichtsbezirk wohnhafte Partei kann nämlich ebenfalls nicht ohne besondere Gründe einen weiter vom Gericht entfernt niedergelassenen Anwalt wählen, wenn sie selbst am Gerichtsstandort bzw. jedenfalls näher am Gerichtsstandort wohnt. Es sind daher maximal die Reisekosten des beigeordneten Anwalts zu vergüten, die angefallen wären, wenn die Partei den ihr am nächsten ansässigen Anwalt des Gerichtsbezirks mandatiert hätte (Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Rn 26b zu § 46).
Letztlich kommt es hierauf im Streitfall allerdings nicht an, denn die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Reisekosten übersteigen nicht diejenigen, die bei einem am Wohnort des Klägers ansässigen Anwalt zu erstatten gewesen wären.
Die Höhe der zu erstattenden Reisekosten richtet sich nach Nrn. 7003 bis 7006 VV. Nach Nr. 7003 VV sind bei Benutzung eines eigenen Kfz für jeden gefahrenen km 0,30 EUR zu erstatten. Die Fahrtkosten eines anderen Verkehrsmittels werden – soweit sie angemessen sind – in voller Höhe erstattet. Zu ersetzen sind dem Rechtsanwalt bei Benutzung anderer Verkehrsmittel gem. Nr. 7004 VV daher die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind. Dabei darf der Anwalt frei wählen, ob er mit der Bahn oder mit seinem eigenen Kfz fährt. Was gem. § 5 Abs. 1 JVEG für die Reisekosten einer Partei gilt, muss auch für den Rechtsanwalt gelten. Es ist keine Vergleichsberechnung hinsichtlich der Kosten mit dem eigenen Kfz und der Bahn durchzuführen. Es sind nicht nur die Kosten des billigeren Verkehrsmittels zu erstatten (Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 21 zu Nrn. 7003, 7004 VV). Gerade in Zeiten des Klimaschutzes wird man den Bahn fahrenden Anwalt nicht auf die Pkw-Benutzung verweisen können.
Grundsätzlich sind dem Anwalt die Auslagen für die Benutzung der 1. Wagenklasse – soweit sie tatsächlich entstanden sind – zu vergüten. Auch die Benutzung eines Taxis ist allgemein als angemessen anzusehen.
3 Anmerkung zu Leitsatz 2
Auch in diesem Punkt entspricht die Entscheidung der ganz einhelligen Auffassung.