GKG § 41 Abs. 2 BGB §§ 542, 546, 985 ZVG § 152
Leitsatz
Die Anwendung des § 41 Abs. 2 GKG ist bei einem Nutzungsverhältnis, welches zwischen dem Veräußerer und Erwerber eines Hausgrundstückes für die Übergangszeit besteht, zu verneinen.
OLG Hamm, Beschl. v. 30.6.2011 – I-5 W 45/11
1 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde ist unzulässig, da eine endgültige Streitwertfestsetzung durch das LG noch nicht erfolgt ist.
2. Bei der endgültigen Festsetzung des Streitwertes hat das LG jedoch Folgendes zu berücksichtigen:
§ 41 GKG trägt in erster Linie sozialen Erwägungen Rechnung. Der Streit über das Bestehen, die Dauer oder Beendigung eines Miet-, Pacht oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses soll verbilligt werden, weswegen § 41 GKG dem § 8 ZPO als Spezialvorschrift nur für die Wertfestsetzung zur Gebührenberechnung vorgeht. Deshalb findet die Notwendigkeit diese Vorschrift weit auszulegen ihre Grenze dort, wo es an der Unterschiedlichkeit im Grad der Berechtigung fehlt, die für das Verhältnis von Vermieter und Mieter typisch ist. So ist die Anwendung des § 41 Abs. 2 GKG bei solchen Nutzungsverhältnissen zu verneinen, die – wie hier – zwischen dem Veräußerer und Erwerber eines Hausgrundstückes für die Übergangszeit bestehen (vgl. OLG Frankfurt AnwBl 1984, 203 und Hartmann, KostG, 40. Aufl. 2010, § 41 GKG Rn 9).
Darum ist es auch im vorliegenden Fall gegangen. Es ist um die Herausgabe eines verkauften Hausgrundstückes gestritten worden, was die Käuferin und Beklagte bereits vor Eigentumsübergang nutzen durfte. Der Herausgabeanspruch ist – wenn auch nicht ausdrücklich genannt – auf Eigentum bzw. §§ 985 BGB, 152 ZVG gestützt worden und nicht auf die Beendigung eines mietähnlichen Verhältnisses gem. §§ 542, 546 BGB analog. Denn dazu hätte der Kläger wohl den Rücktritt vom notariellen Vertrag insgesamt erklären müssen. Dies ist nicht der Fall gewesen. Beide Parteien haben den Bestand des Grundstückskaufvertrags bislang unangetastet gelassen.
Ihr Recht zum Besitz soll sich – so der Einwand der Beklagten – aus § 7 Abs. 1 und 5 des Grundstückskaufvertrags ergeben. Diese Bestimmung gibt dem zwar einen etwas ungewöhnlichen Charakter. Gleichwohl dürfte in dieser Regelung kein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis im Sinne von §§ 16 GKG a.F., 41 GKG n.F. gesehen werden. Insbesondere stellen die von der Beklagten gem. § 4 des Kaufvertrages monatlich zu zahlenden 1.000,00 EUR keine Art Nutzungsentschädigung, sondern ausweislich ihrer Berechnung vielmehr eine Darlehensrate auf den vom Käufer bis zum 1.11.2012 kreditierten Kaufpreis dar.
Nach allem ist § 41 Abs. 2 GKG hier nicht anwendbar. Vielmehr ist der Streitwert gem. §§ 3, 6 ZPO zu bestimmen, wobei der Verkehrswert des heraus verlangten Hausgrundstücks maßgebend ist.
3. Eine Kostenentscheidung ist wegen § 33 Abs. 9 RVG nicht veranlasst.
2 Anmerkung zu KG und OLG Hamm
Die Frage, wie der Streitwert eines Mieters auf Feststellung der Höhe der Minderung zu bewerten ist, ist nach wie vor höchst strittig.
Zu beachten ist, dass es sich nicht um eine positive Feststellungsklage handelt, sondern um eine negative Feststellungsklage. Der Mieter will nämlich festgestellt wissen, dass er nicht verpflichtet ist, über die geminderte Miete hinaus weitere Beträge zu zahlen. Daher ist ein Feststellungsabschlag auf jeden Fall unzulässig, zumal im Rahmen des § 41 GKG Feststellungabschläge schon von der Natur der Sache (privilegierter Streitwert) nicht zulässig sind.
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Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage wird vorerst nicht zu erwarten sein, da der Rechtsweg zum BGH nicht eröffnet ist. |
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Eine Beschwerde gegen Entscheidungen des OLG ist nach § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG ausgeschlossen. |
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Eine weitere Beschwerde gegen Entscheidungen des OLG ist vom Gesetz her gar nicht vorgesehen. Nur Entscheidungen der Landgerichte können bei Zulassung mit der weiteren Beschwerde angegriffen werden (§ 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG). |
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Auch eine Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, weil sie im Gesetz nicht vorgesehen ist. Daran ändert auch nichts, dass das KG – hier zum wiederholten Male – die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Ein nach der jeweiligen Prozessordnung – hier GKG – nicht vorgesehenes Rechtsmittel wird nicht dadurch statthaft, dass es irrtümlich zugelassen wird. Dies hat der BGH bereits mehrfach entschieden. |
Wie das KG hier dazu gekommen ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist nicht nachzuvollziehen. Die tatsächlich eingelegte Rechtsbeschwerde wird der BGH daher – wie üblich – als unstatthaft verwerfen, und zwar kostenpflichtig, da die Kostenfreiheit und der Ausschluss der Kostenerstattung nur für statthafte Streitwertbeschwerden gilt.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass eine Kostenentscheidung zwar zutreffender Weise nicht veranlasst ist. Dies ergibt sich aber nicht aus § 33 Abs. 9 RVG, sondern aus § 66 Abs. 3 S. 2 GKG. Hier lag eine Streitwertbeschwerde nach dem GKG zugrunde und nicht eine Streitwertbeschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG.
Norbert Schneider