Die Erinnerung ist gem. § 56 RVG zulässig und auch begründet. Der Verfahrensbevollmächtigten steht eine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV zu, da sie an einem Termin im Sinne dieser Vorschrift teilgenommen hat.
Entgegen der in der Stellungnahme des Bezirksrevisors zum Ausdruck kommenden Auffassung galt für das Verfahren gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch die bis zum 31.8.2009 geltende Rechtslage, da es bereits vor dem 1.9.2009 durch Erlass einer einstweiligen Anordnung am 14.8.2009 eingeleitet worden war. Die nachfolgenden Erwägungen treffen allerdings sowohl auf die alte als auch auf die nach dem 1.9.2009 geltende Rechtslage zu, da die hier interessierenden Vorschriften nahezu wortgleich vom FGG in das FamFG übernommen worden sind.
Nach dem Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin. Nicht erwähnt ist dagegen die Vertretung in einem Anhörungstermin. Daraus wird gefolgert, für die Teilnahme an einem solchen Anhörungstermin entstehe keine Terminsgebühr. Der Anhörungstermin diene im Gegensatz zum Erörterungstermin nicht vorrangig der Wahrung des rechtlichen Gehörs, sondern der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks (so Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, Vorbem. 3 Rn 41 mit nicht zutreffendem Hinweis auf OLG Oldenburg FamRZ 2009, 1859 [= AGS 2009, 219] u. OLG Stuttgart FamRZ 2007, 233 [= AGS 2007, 503]).
Dem kann nicht gefolgt werden.
Die hier zu beurteilende Frage ist zunächst von dem Problem zu unterscheiden, ob im Sorgerechtsverfahren eine Terminsgebühr für den Rechtsanwalt auch dann entsteht, wenn überhaupt kein Termin stattgefunden hat. Dazu bestimmt Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, dass eine Terminsgebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Nur mit dieser Konstellation beschäftigen sich die o.g. Entscheidungen des OLG Oldenburg und des OLG Stuttgart (mit dem Ergebnis, dass eine Gebühr nicht entstehe; a.A. für die ab dem 1.9.2009 geltende Rechtslage mit zutreffenden Argumenten OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.9.2010 – 8 WF 133/10 [= AGS 2010, 586]). Darum geht es hier indessen nicht, da ein Termin unter Teilnahme der Verfahrensbevollmächtigten stattgefunden hat.
Sowohl das FGG als auch das FamFG sehen im Sorgerechtsverfahren Anhörungs- und Erörterungstermine vor. Eine genaue Differenzierung zwischen diesen Terminen findet nicht statt (a.A. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, Vorbem. 3 Rn 41). Nach § 50e FGG (jetzt § 155 § FamFG) "erörtert" das Gericht die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. In diesem Termin hört das Gericht das Jugendamt an. Nach § 50f FGG (jetzt § 157 FamFG) soll das Gericht mit den Eltern und in geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern, wie einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls begegnet werden kann. In den gleichen Verfahren hat das Gericht gem. § 50a FGG (jetzt § 160 FamFG) die Eltern persönlich anzuhören. Es erschiene lebensfremd, zwischen der Erörterung einerseits und der Anhörung andererseits zu differenzieren. In der gerichtlichen Praxis finden Anhörung und Erörterung in aller Regel in einem gemeinsamen Termin statt. Es würde Sinn und Zweck und dem Zusammenspiel der genannten Vorschriften widersprechen, würde das Gericht einerseits einen Anhörungstermin durchführen, nur um sich einen persönlichen Eindruck von den Eltern zu verschaffen, und dann andererseits einen (weiteren) Termin zur Erörterung der Angelegenheit mit den Eltern anberaumen. Anhörung und Erörterung müssen nach Sinn und Zweck deshalb als Einheit angesehen werden. Eine scharfe Grenzziehung zwischen Anhörung einerseits und Erörterung andererseits ist im Übrigen auch von der Sache her gar nicht möglich. Stellt das Gericht den Eltern im Rahmen der Anhörung Fragen, so weist es damit zwangsläufig auf die für maßgeblich gehaltenen Gesichtspunkte hin, selbst wenn hinsichtlich einer Bewertung der Angaben der Eltern Zurückhaltung geübt würde. Eine reine Anhörung ohne Interaktion mit dem Gericht erscheint deshalb kaum denkbar. Dementsprechend ist auch vorliegend verfahren worden. Zwar hat das Gericht den Termin in der Terminsladung als "Anhörungstermin" bezeichnet und den Terminsvermerk mit "Anhörungsvermerk" überschrieben. Aus dem Terminsvermerk ergibt sich jedoch eindeutig, dass das Gutachten der Sachverständigen sowie die weitere Gesamtsituation eingehend erörtert worden sind.
Um derartigen Abgrenzungsschwierigkeiten generell aus dem Weg zu gehen, ist die Vorbem. 3 Abs. 3 VV nach Sinn und Zweck über seinen Wortlaut dahin auszulegen, dass die Terminsgebühr nicht nur für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin, sondern auch für die Vertretung in einem Anhörungstermin entsteht.
Mithin ist hier eine Terminsgebühr für die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter entstanden.
Mitgeteilt von RiAG Dr. Thomas Möller, Vechta