Leitsatz (amtlich)
Wird der gem. § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschriebene Erörterungstermin in einer Kindschaftssache gem. § 155 Abs. 1 FamFG tatsächlich nicht durchgeführt, entsteht keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV (in Anschluss an OLG Celle NJW 2011, 3793; gegen OLG Stuttgart NJW 2010, 3524 = FamRZ 2011, 591).
Normenkette
RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3; FamFG § 155 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 03.01.2012; Aktenzeichen 512 F 9252/10) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller wollte durch ein familiengerichtliches Verfahren persönlichen Umgang mit der in der Obhut der Kindsmutter lebenden gemeinsamen Tochter erreichen. Ein vom zuerst befassten AG Wolfratshausen für den 22.7.2011 anberaumter Anhörungstermin wurde abgesetzt, nachdem die Parteien einvernehmlich die Verweisung des Rechtsstreits an das AG München beantragt hatten. Dort wurde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 26.10.2010 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... bewilligt. In der Folge legte das Jugendamt der Landeshauptstadt München eine ausführliche Stellungnahme vor, in dem es sich gegen den beantragten Umgang aussprach. Daraufhin nahm der Antragsteller den Antrag zurück. Ein Anhörungstermin fand nicht mehr statt. Mit Beschluss vom 30.9.2011 entschied das AG über die Kosten des Verfahrens und setzte den Verfahrenswert fest. Bereits am 12.5.2011 beantragte die beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin die Festsetzung ihrer Vergütung gegenüber der Landeskasse i.H.v. 586,08 EUR unter Ansatz einer 1,3 Verfahrensgebühr, einer 1,2 Terminsgebühr, Kommunikationspauschale und Umsatzsteuer. Mit Beschluss vom 8.8.2011 setzte die Kostenbeamtin des AG die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf lediglich 316,18 EUR fest - die Terminsgebühr wurde abgesetzt.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung wies das AG München in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bezirksrevisors durch richterlichen Beschluss vom 3.1.2012 zurück.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Rechtsanwältin ... Sie trägt vor, die Terminsgebühr sei durch Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts nach Vorbem. 3 Abs. 3 3. Alt. entstanden. Sie habe umfassende Telefonate mit dem Jugendamt über das weitere Verfahren geführt, ebenso mit dem Psychologen der Antragsgegnerin. Sie habe auch den vormals angesetzten Termin vom 22.7. 2011 mit der Gegenseite vorbesprochen und eine Einigung über die Verweisung nach München erzielt. Es sei "im Endeffekt" auch abgestimmt worden, dass bis zu einer gerichtlichen Entscheidung kein Umgang mit dem Antragsteller stattfinden solle. Mit der Richterin des AG Wolfratshausen sei schließlich die Absetzung des Termins besprochen worden. Die Angelegenheit sei komplex gewesen, elterliche Sorge und Umgang für 3 auffällige traumatisierte Kinder seien zu regeln gewesen.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Senat zur Entscheidung zugeleitet.
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 ff. RVG statthaft und zulässig. Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet,
Gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV in der seit 1.9.2009 gültigen Fassung entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin (1 Alt.) oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts (3. Alt.).
Ein Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin hat im vorliegenden Fall nicht stattgefunden.
Ebenso sind die Voraussetzungen von Vermeidungs- oder Erledigungsgesprächen nicht erfüllt worden. Nicht jegliche Besprechungen oder Telefonate mit anderen Verfahrensbeteiligungen lösen eine Terminsgebühr aus. Vielmehr muss die Besprechung entweder der Vermeidung des Verfahrens (hier nicht einschlägig) oder seiner Erledigung gedient haben. Dies kann nur durch Besprechungen mit dem Antragsgegner erreicht werden. Eine Erledigung liegt vor, wenn der Gegner den Anspruch anerkennt, der Antrag zurückgenommen wird, eine Einigung durch Vergleich oder eine übereinstimmende Erledigterklärung mit Kosteneinigung erzielt wird (s. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV Vorbem. 3 Rz. 109) und hierfür die Besprechung des Anwalts mit der Gegenpartei oder ihrem Prozessbevollmächtigten kausal war.
Diese Voraussetzungen sind in der Beschwerdeschrift nicht vorgetragen. Zwar hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin umfangreiche Telefonate mit dem Jugendamt vorgetragen, dieses ist aber nicht der Verfahrensgegner der Antragsgegnerin gewesen. Weitere Telefonate mit dem gegnerischen Anwalt und dem Gericht wurden wegen Verfahrensfragen wie der Zuständigkeit des Gerichts und der Verweisung des Rechtsstreits geführt, was aber ebenfalls keine Terminsgebühr auslöst (Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 114).
Eine Terminsgebühr ist auch nicht nach VV 3104 RVG i.V.m. § 155 Abs. 2 FamFG entstanden, da die dort vorgesch...