GKG-KostVerz. a.F. Vorbem. 8, Nrn. 8210, 8211 Nr. 1 GKG a.F. §§ 40, 29 Nr. 2
Leitsatz
Erledigen die Parteien den Rechtsstreit nach einer Teilklagerücknahme durch Vergleich, entfallen die Gerichtsgebühren nicht gem. Vorbem. 8 GKG-KostVerz.
LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.12.2009 – 17 Ta (Kost) 6114/09
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen Rechtsstreit Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat ferner im Wege der allgemeinen Feststellungsklage die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortbestehe sowie im Wege des unechten Hilfsantrags die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verlangt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die allgemeine Feststellungsklage zurückgenommen. Die Parteien haben anschließend den Rechtsstreit durch gerichtlich protokollierten Vergleich beigelegt, ohne dabei eine Kostenregelung zu treffen.
Das AG hat daraufhin für die Beklagten die Hälfte einer Gebühr nach Nr. 8211 GKG-KostVerz. in Ansatz gebracht. Die Beklagte hat gegen diesen Kostenansatz Erinnerung eingelegt. Das ArbG hat der Erinnerung abgeholfen und die Beschwerde zugelassen. Wenn der Gebührentatbestand der Nr. 8211 Nr. 1 GKG-KostVerz. gegeben sei, was dahinstehen könne, müssten die Kosten der teilweisen Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO dem Kläger auferlegt werden. Der Beklagten seien durch den Vergleich Kosten der Teilklagerücknahme nicht auferlegt worden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Landeskasse. Die in Ansatz gebrachte Gebühr sei entstanden und durch den Vergleich nicht in Wegfall geraten; sie falle zur Hälfte der Beklagten zur Last.
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der geschlossene Vergleich habe zur endgültigen Beilegung des Rechtsstreits geführt und sei deshalb als Gesamtvergleich anzusehen; nach der Vorbem. 8 GKG-KostVerz. seien daher Gerichtsgebühren entfallen. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass sie – die Beklagte – infolge einer Klagerücknahme Kosten tragen müsse, was unsinnig sei. Die Kosten könnten auch nicht gem. § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben angesehen werden.
Die Beschwerde der Landeskasse hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz erweist sich als unbegründet, was zur Änderung des angefochtenen Beschlusses führt.
1. Durch die Klage sind nach Nr. 8210 GKG-KostVerz. 2,0-Verfahrensgebühren entstanden, deren Höhe sich gem. § 40 GKG nach dem Streitwert im Zeitpunkt der Klageeinreichung (9.265,42 EUR) bestimmt. Die Gebühren ermäßigten sich nach Nr. 8211 Nr. 1 i.V.m. S. 2 GKG-KostVerz. auf eine 0,4-Gebühr, nachdem der Klageantrag zu 2) zurückgenommen worden war und die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beilegten. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Vergleich um einen Teilvergleich, weil durch ihn die mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Klage, die den Streitwert erhöht und daher zu gerichtlichen Kosten geführt hat, durch ihn nicht erledigt wurde; dass die Rechtshängigkeit des Klageantrags zu 2) vor Vergleichsabschluss endete, ist dabei ohne Belang.
2. Die Gerichtsgebühren sind nicht nach der Vorbem. 8 GKG-KostVerz. entfallen. Dies setzt eine Beendigung des gesamten Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich voraus, während im vorliegenden Fall lediglich ein Teilvergleich abgeschlossen wurde. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Vergleich habe sämtliche noch rechtshängigen Ansprüche erledigt und müsse deshalb als Gesamtvergleich angesehen werden. Die gerichtlichen Gebühren bestimmen sich nach dem Wert der im Zeitpunkt der Klageeinreichung anhängigen Streitgegenstände. Diese müssen vollständig durch Vergleich erledigt werden, damit entstandene Gerichtsgebühren nach der Vorbem. 8 GKG-KostVerz. entfallen können; das Zusammentreffen von Teilklagerücknahme und Teilvergleich erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
3. Die Gerichtsgebühren sind auch nicht nach Nr. 8210 Abs. 2 GKG-KostVerz. entfallen, weil nicht das gesamte Verfahren ohne streitige Verhandlung erledigt wurde; vielmehr haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung zumindest hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 3) aus der Klageschrift vor Abschluss des Vergleichs streitig verhandelt.
4. Die Beklagte haftet gem. § 29 Nr. 2, 2. Hs. GKG für die Hälfte der Gerichtsgebühren. Die Parteien haben in dem gerichtlichen Vergleich keine Kostenbestimmung getroffen. Damit sind gem. § 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits als gegeneinander aufgehoben anzusehen, mit der Folge, dass die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last fallen, § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO. Eine weitergehende Vereinbarung der Parteien, dass sich die – gesetzlich angeordnete – Aufhebung der Kosten auch auf den durch Teilklagerücknahme erledigten Streitgegenstand beziehen soll, bedurfte es dabei nicht. Es war vielmehr Sache der Parteien, durch eine entsprechende Kostenregelung im Vergleich dafür Sorge zu tragen, dass sich die hälftige Kostentragungspflicht der Beklagten ermäßigt. Soweit di...