RVG §§ 34, 14
Leitsatz
Die Vorschrift des § 34 RVG bestimmt keine Regel-, sondern lediglich eine Höchstgebühr für eine Beratung. Bei niedrigen Streitwerten hat es der Rechtsanwalt in der Hand, eine Gebührenvereinbarung zu treffen. Anderenfalls muss er nach den Kriterien des § 14 RVG im Zusammenhang mit dem Streitwert abrechnen.
AG Dannenberg, Urt. v. 12.6.2012 – 31 C 437/11
1 Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet und daher abzuweisen.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten zu 2) keine weiteren Zahlungsansprüche oder Freistellungsansprüche in Bezug auf die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren für die Erstberatung aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages. Die Rechtsschutzversicherung muss lediglich die Gebühr einer Erstberatung gem. § 34 RVG zahlen. Dies ist geschehen durch Zahlung der 46,41 EUR. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht. Unstreitig hat es vorliegend lediglich eine Raterteilung gegeben und die Rechtsanwaltskosten richten sich nach § 34 RVG. Da hier eine Gebührenvereinbarung unterlassen worden ist, kann lediglich gem. §§ 34, 14 RVG abgerechnet werden. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucher. Soweit § 34 RVG vorsieht, dass keine höhere Gebühr als 190,00 EUR verlangt werden kann, war der Klägervertreter nicht berechtigt, vorliegend die Höchstgebühr des § 34 RVG in Ansatz zu bringen. Dies bedeutet lediglich, dass bei hohen Streitwerten im Rahmen der Erstgebühr die Forderung auf 190,00 EUR begrenzt ist. Bei niedrigeren Streitwerten hat es der Rechtsanwalt in der Hand, eine Gebührenvereinbarung zu treffen, anderenfalls muss er nach den Kriterien des § 14 RVG im Zusammenhang mit dem Streitwert abrechnen. Die Kommentierung zu § 34 RVG ist eindeutig. Aus dem Kommentar von Gerold/Schmidt zum RVG, 17. Aufl., S. 595 ergibt sich Folgendes: "Das bedeutet aber nicht, dass der Rechtsanwalt willkürlich eine Gebühr bis zur Höhe von 190,00 EUR fordern kann. Auch für die Erstberatungsgebühr gilt VV 2100 a.F., d.h. bei einer Angelegenheit, in der sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnen, kann er dann nur eine Gebühr von 0,1 bis 1,0 gem. den Bemessungskriterien des § 14 RVG fordern”."
Dies bedeutet, dass in Anbetracht des Streitwerts von bis zu 300,00 EUR eine 1,0 Gebühr allenfalls angemessen gewesen ist. Vorliegend hat die Beklagte zu 2) sogar eine 1,3-Gebühr erstattet. Damit kann dahingestellt bleiben, welche Gebührensätze üblich sind und wie lange der Erörterungstermin gedauert hat und ob der Streitwert nur 14,95 EUR betragen hat oder etwa 85,00 EUR. Die Beklagte zu 2) hat bereits die Höchstgebühr der §§ 34, 14 RVG gezahlt, sodass weitergehende Ansprüche ausgeschlossen sind. Der Streitwert ist allenfalls auf bis zu 300,00 EUR festzusetzen, sodass die Beklagte zu 2) keine weitere Zahlung schuldet. Mag der Klägervertreter zukünftig bei geringen Streitwerten eine Gebührenvereinbarung treffen.
2 Anmerkung
So was kommt von so was!
Diese immer wieder gültige Formulierung des Präsidenten der BRAK Axel C. Filges fällt einem spontan in zweierlei Hinsicht ein, wenn man dieses Urteil und den zugrunde liegenden Sachverhalt zur Kenntnis nimmt.
Zunächst einmal fehlt einem jegliches Mitleid dafür, dass der Rechtsanwalt mit 46,41 EUR nach Hause geschickt wird, nachdem er viele Jahre nach Inkrafttreten von § 34 RVG – wie viele, zu viele seiner Kollegen – auf eine notwendige Gebührenvereinbarung verzichtet hat.
Damit war und ist er in der Tat der schwerlich angreifbaren Beurteilung des Gerichts ausgeliefert und muss nunmehr damit leben, dass auch das Gericht nicht so recht wusste, wie mit diesem Sachverhalt umzugehen ist.
Fehlt es nämlich an einer Gebührenvereinbarung, so ist der Rechtsanwalt auf die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts verwiesen und muss zudem dann, allerdings auch nur dann, Kappungsgrenzen in Höhe von 190,00 EUR bzw. 250,00 EUR netto hinnehmen, wenn er seine Beratungsleistung gegenüber einem Verbraucher i.S.v. § 13 BGB erbringt.
Hier hat das Gericht sogar darauf verzichtet, bei der Rechtsanwaltskammer eine unverbindliche Auskunft darüber einzuholen, was denn bei solchen Beratungen die übliche bzw. ortsübliche Vergütung gewesen wäre, auf die es letztendlich ankommt.
Stattdessen nimmt das Gericht – ja, auch das kommt bei Gerichten immer wieder vor – auf eine längst veraltete Ausgabe von Gerold/Schmidt Bezug, in der der unvergessene Kollege Madert noch die schwerlich mit dem Gesetz zu vereinbarende Auffassung veröffentlicht hat, man müsse auf den Streitwert und auf den alten Gebührenrahmen von Nr. 2100 VV a.F. zurückgreifen.
Ein Blick in die neuere Kommentierung hätte geholfen, um festzustellen, dass auch im Gerold/Schmidt dieser Fehlbeurteilung nicht mehr gefolgt wird.
Tatsächlich wird man wohl kaum annehmen können, dass sich der Gesetzgeber im Beratungsbereich von der gesetzlichen Vergütung im Jahre 2006 verabschiedet hat, um durch die Hintertür den außer Kraft getretenen Vergütungstatbestand von Nr. 2100 VV wieder einzuführen. So was kommt von so was, wenn veraltete Literaturmeinungen für die...