ZPO §§ 91 Abs. 1 S. 1, 93 ; RVG VV Nr. 3101 Nr. 1
Leitsatz
Wendet sich der anwaltlich vertretene Antragsgegner mit dem Kostenwiderspruch gegen die im Verfügungsverfahren gegen ihn ergangene Kostenentscheidung, fällt auf seiner Seite keine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens an (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 22.5.2003 – I ZB 38/02, WRP 2003, 1000 [= AGS 2003, 446]; Beschl. v. 26.6.2003 – I ZB 11/03, BGHR 2003, 1115).
BGH, Beschl. v. 15.8.2013 – I ZB 68/12
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hat wegen einer von ihr als wettbewerbswidrig angesehenen Behauptung gegen die Antragsgegnerin ohne deren vorherige Anhörung eine Beschlussverfügung erwirkt. Die Antragsgegnerin hat diese bis auf die Kostenentscheidung als endgültige Regelung anerkannt. Auf ihren zugleich eingelegten Kostenwiderspruch hat das LG die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt aufgehoben und die Kosten des Verfahrens gem. § 93 ZPO der Antragstellerin auferlegt. Deren dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
Die Rechtspflegerin des LG hat die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.849,80 EUR festgesetzt. Sie hat dabei eine 1,3-Verfahrensgebühr in nach dem Wert der Kosten berechneter Höhe und zusätzlich eine 0,8-Verfahrensgebühr nach dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens als erstattungsfähig angesehen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG München JurBüro 2013, 33 = Rpfleger 2013, 116 [=AGS 2012, 545]). Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Antragstellerin weiterhin gegen die Festsetzung einer nach dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens berechneten 0,8-Verfahrensgebühr der Antragsgegnerin.
Das Beschwerdegericht hat neben der Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert auch eine 0,8-Verfahrensgebühr nach dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens als erstattungsfähig angesehen, weil die Antragsgegnerin ihrem Verfahrensbevollmächtigten einen umfassenden, nicht auf die Kostenfrage beschränkten Verfahrensauftrag erteilt habe. Ein Kostenwiderspruch stehe einem sofortigen Anerkenntnis nahe, das ebenfalls eine zu erstattende 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert auslöse. In beiden Fällen werde der Antragsgegner in unberechtigter Weise mit einer prozessualen Maßnahme überzogen. Er habe daher in beiden Fällen auch das Recht, die Maßnahme anwaltlich überprüfen zu lassen, selbst wenn er sie letztlich als begründet anerkenne.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr in nach dem Wert der Kosten berechneter Höhe zu erstatten.
1. Der Senat hat unter der Geltung der BRAGO entschieden, dass mit dem Kostenwiderspruch auf Seiten des Antragsgegners keine 5/10-Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 BRAGO aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens anfällt, weil der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag, gegen eine einstweilige Verfügung nur zum Kostenpunkt Widerspruch zu erheben, allein auf die Abänderung der Kostenentscheidung abzielt (BGH, Beschl. v. 22.5.2003 – I ZB 38/02, WRP 2003, 1000, 1001 [= AGS 2003, 446]; Beschl. v. 26.6.2003 – I ZB 11/03, BGHR. 2003, 1115).
2. An dieser Sichtweise hält der Senat auch unter der Geltung des RVG fest. Weder die Begründung des Beschwerdegerichts noch die Neuregelung des anwaltlichen Vergütungsrechts geben Anlass, von dieser Rspr. abzuweichen, die auch von der ganz h.A. in der Rspr. und im Schrifttum geteilt wird (vgl. OLG Karlsruhe WRP 2007, 1501; OLG Hamburg MDR 2009, 174 [= AGS 2008, 413]; OLG Hamburg AGS 2011, 621, 622; Ahrens/Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 51 Rn 56 Fn 171; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 91 Rn 50; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rn 13 "Kostenwiderspruch"; a.A. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Anhang II Rn 84).
a) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich die Situation bei einem auf die Kosten beschränkten Widerspruch nach einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung nicht mit der Situation vergleichen, die bei einem Anerkenntnis nach Erhebung einer Hauptsacheklage besteht.
aa) Die Beschränkung des Widerspruchs auf die Kostenentscheidung enthält einen teilweisen Rechtsbehelfsverzicht, ohne den der Antragsgegner die mit dem Kostenwiderspruch erstrebte Vergünstigung des § 93 ZPO nicht in Anspruch nehmen könnte, wobei dies für die gebührenrechtliche Beurteilung ohne Belang ist (BGH WRP 2003, 1000, 1001 [= AGS 2003, 446]; BGHR 2003, 1115). Einem Anerkenntnis nach Klageerhebung steht dies nicht gleich. Ein Anerkenntnisurteil kann nur unter Mitwirkung – in Form einer ausdrücklichen Erklärung – des Beklagten ergehen. Mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlusswege ist dagegen bereits eine Entscheidung über den Gegens...