Leitsatz
Der Gegenstandswert eines Zwangsvollstreckungsverfahrens auf Androhung von Ordnungsmitteln ist mit dem vollen Wert des zu vollstreckenden Forderung anzusetzen.
OLG Hamm, Beschl. v. 8.5.2014 – I-4 W 81/13
1 Sachverhalt
Durch notariell beurkundete Erklärung verpflichtete sich die Schuldnerin gegenüber der Gläubigerin, eine bestimmte Werbung zu unterlassen. Nachdem sie hiergegen verstieß, drohte das LG ihr auf Antrag der Gläubigerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die in der notariellen Urkunde eingegangene Unterlassungsverpflichtung die Festsetzung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren) an. Zugleich setzte das LG in diesem Beschluss den "Gegenstandswert" auf 25.000,00 EUR fest. Zur Begründung dieser Wertfestsetzung führte das LG aus, der Gegenstandswert sei am Wert einer Hauptsacheklage auf Unterlassung auszurichten.
Gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes wendet sich die Schuldnerin. Sie ist der Auffassung, für ein Verfahren der vorliegenden Art sei regelmäßig lediglich ein Wert von 500,00 EUR festzusetzen.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Das von der Schuldnerin als "sofortige Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel ist als Beschwerde nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft. Bei der angefochtenen, auf den (konkludenten) Antrag der Gläubigerin und ihres Verfahrensbevollmächtigten erfolgten Wertfestsetzung handelt es sich um eine Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren i.S.d. § 33 Abs. 1 RVG. Eine Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist in der vorliegenden Sache obsolet, weil für die (isolierte) Androhung von Ordnungsmitteln (§ 890 Abs. 2 ZPO) für den Verstoß gegen die in einer vollstreckbaren notariellen Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) übernommene Unterlassungsverpflichtung keine wertabhängige Gerichtsgebühr, sondern lediglich eine Festgebühr nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. anfällt.
Die Beschwerde der Schuldnerin ist auch im Übrigen zulässig. Die Schuldnerin ist als erstattungspflichtige Gegnerin nach § 33 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2 RVG beschwerdebefugt. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht (§ 33 Abs. 7 und Abs. 3 S. 3 RVG) eingelegt worden.
2. Das Rechtsmittel ist indes unbegründet. Das LG hat den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit zutreffend auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
a) Die anwaltliche Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin bestand hier in der Anbringung des Antrages auf die (isolierte) Androhung von Ordnungsmitteln. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für diese Tätigkeit richtet sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung wegen eines Unterlassungsanspruches nach dem Wert, den die zu erwirkende Unterlassung für den Gläubiger hat.
b) Bei den vorbeschriebenen anwaltlichen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten "in der Zwangsvollstreckung" i.S.d. § 25 Abs. 1 RVG.
aa) Die Regelung über die isolierte Androhung von Ordnungsmitteln (§ 890 Abs. 2 ZPO) findet sich im 8. Buch ("Zwangsvollstreckung") der ZPO. Nach einhelliger Auffassung in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rspr. handelt es sich bei der (isolierten) Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO bereits um einen Akt der Zwangsvollstreckung, in der Androhung von Ordnungsmitteln durch besonderen Beschluss liegt bereits der Beginn der Zwangsvollstreckung (BGH NJW 1979, 217; BayObLG, Beschl. v. 15.2.1996 – 2Z BR 17/96; OLG Hamm, Beschl. v. 11.2.1986 – 14 W 197/85; OLG Köln, Beschl. v. 20.1.2004 – 6 W 6/04; OLG Köln, Beschl. v. 15.11.1991 – 19 W 49/91; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.12.2001 – 6 W 101/01; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.8.1989 – 3 W 85/89).
bb) Zudem ist auch der Regelung in § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG zu entnehmen, dass die der Festsetzung von Ordnungsmitteln vorausgehende (isolierte) Androhung zum Bereich der Zwangsvollstreckung i.S.d. RVG gehört. Der Rechtsanwalt erhält für die Anbringung des Androhungsantrages dementsprechend die Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung nach Nr. 3309 VV (Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 19 Rn 132; Schneider/Wolf, AnwK-RVG, 7. Aufl. 2014, § 19 Rn 175).
Im Übrigen ergibt sich aus § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG – hierauf weist der Senat der Vollständigkeit halber hin –, dass der Rechtsanwalt, der bereits eine Gebühr für die Anbringung des Antrages auf die (isolierte) Androhung von Ordnungsmitteln erhalten hat, (jedenfalls) für den ersten Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln keine gesonderte Gebühr mehr verlangen kann (Mayer/Kroiß, a.a.O., § 19 Rn 133; Schneider/Wolf, a.a.O., § 19 Rn 175).
c) Zutreffend hat das LG ausgeführt, dass der Gegenstandswert am Wert einer Hauptsacheklage auf Unterlassung auszurichten ist. Soweit § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG von dem "Wert, den die zu erwirkende Unterlassung für den Gläubiger hat", spricht, handelt es sich um nichts anderes als um eine Umschreibung für den Wert der Hauptsache. Dementsprechend ist nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG der Wert der Haupts...