Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

I. Das AG I – Mahnabteilung – und das AG N haben sich beide rechtskräftig für unzuständig erklärt, das AG I – Mahnabteilung – durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss und das AG N durch seinen Vorlagebeschluss.

II. Das OLG Hamm ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO als das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen.

C. Als zuständiges Gericht ist das AG N zu bestimmen.

I. Die Zuständigkeit des AG N folgt aus § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach über den Festsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges entscheidet. Das ist nach dem Verhältnis, in dem das gerichtliche Mahnverfahren zum eigentlichen Streitverfahren steht, nicht das Gericht des Mahnverfahrens, sondern das Gericht, das für den nachfolgenden Rechtsstreit zuständig wäre.

1. Das Mahnverfahren ist kein eigenständiges Streitverfahren, sondern ein diesem nur vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten und beschleunigten Erlangung eines Vollstreckungstitels (BGH NJW 1991, 2084). Als Gericht des ersten Rechtszugs ist daher nach Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids dasjenige Gericht für die Kostenfestsetzung zuständig, welches im Falle eines streitigen Verfahrens über die geltend gemachten Ansprüche zu befinden hätte (so die ganz h.M., vgl. BGH NJW 1991, 2081 zur insoweit vergleichbaren Zuständigkeit für die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung nach § 19 Abs. 2 S. 2 BRAGO a.F. bzw. nunmehr § 11 RVG; BayObLG Rpfleger 2003, 35 [= AGS 2003, 128]; OLG Köln NJW-RR 1999, 1737; Hk-ZPO/Gierl, 5. Aufl., § 103 Rn 9; MüKoZPO/Schulz, 4. Aufl., § 104, Rn 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 104, Rn 2; Prütting/Gehrlein/Schmidt, ZPO, 6. Aufl., § 103, Rn 12; Thoma/Putzo/Hüßtege, ZPO, 34. Aufl., § 104, Rn 1; Zöller/Herget a.a.O., § 104 ZPO Rn 21, Stichwort Zuständigkeit“).

2. Soweit vertreten wird, das Mahngericht sei das nach § 11 RVG für das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren zuständige Gericht des ersten Rechtszugs (vgl. OLG Naumburg NJW 2008, 1238 f.) oder zuständiges Kostenfestsetzungsgericht sei nach Rücknahme eines Mahnbescheidsantrages immer das Gericht, welches die Kostengrundentscheidung getroffen habe (so BeckOK ZPO/Jaspersen, Stand 15.3.2014, § 103, Rn 38), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar mag es zutreffen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren aufwendiger wird, wenn allein zur Kostenfestsetzung ein bislang mit der Sache nicht befasstes Gericht als zuständiges Gericht festgelegt wird und von diesem nach Akteneingang ein neues Verfahren eingeleitet werden muss (insoweit zutreffend OLG Naumburg NJW 2008, 1238, 1239), so dass Gründe der Prozessökonomie für eine Kostenfestsetzung durch das Mahngericht sprechen. Das Gesetz sieht jedoch lediglich in § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO als Ausnahme von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung des § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO für den Fall, dass ein Widerspruch vom Antragsgegner im Mahnverfahren nicht erhoben wird, vor, dass das Mahngericht in einen eventuell zu erlassenden Vollstreckungsbescheid auch die zu erstattenden Kosten aufzunehmen hat. Eine gesetzliche Regelung der Zuständigkeit für das Kostenfestsetzungsverfahren für den Fall einer Rücknahme eines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides besteht jedoch nicht. Werden dem Antragsteller in einem solchen Fall entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt, so verbleibt es für die nachfolgende Kostenfestsetzung mithin bei der gesetzlichen Regelung des § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO (so auch BayObLG a.a.O.; OLG Köln a.a.O.).

II. Eine Zuständigkeit des AG N ergibt sich demgegenüber nicht bereits aus § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO, da der Verweisungsbeschluss des AG I – Mahnabteilung – vom 26.5.2014 im Streitfall ausnahmsweise keine Bindungswirkung entfaltet.

1. Die Bindungswirkung gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO wird zwar nicht schon durch die bloße Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts in Frage gestellt. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss jedoch dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist (BGH NJW 2002, S. 3634 ff.; NJW 1993, S. 1273; Zöller/Greger, a.a.O., § 281 ZPO Rn 17; Fischer, MDR 2005, S. 1091 ff.; Endell, DRiZ 2003, S. 133 ff.; Tombrink, NJW 2003, 2364 ff. – jeweils m.w.Nachw.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze entfaltet der Verweisungsbeschluss des AG I – Mahnabteilung – keine Bindungswirkung, da er unter Versagung des rechtlichen Gehörs ergangen ist. Vor der Verweisung hat das AG I – Mahnabteilung – die Antragstellerin nicht angehört. Dieser Gehörsverstoß lässt die Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO entfallen, ohne dass es einer Kausalitätsfeststellung bedarf (vgl. hierzu Zöller/Greger, a.a.O., Rn 17a).

III. Eine Vorlage an den BGH gem. § 36 Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, da...

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