Leitsatz
Für die Berechnung des Wertes eines nach § 2 VAÜG ausgesetzten und nach § 50 Abs. 1 S. 2 VersAusglG wieder aufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahrens ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der ehemaligen Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages maßgebend.
OLG Dresden, Beschl. v. 12.8.2014 – 19 WF 783/14
1 Sachverhalt
Das FamG hatte mit Urt. v. 27.9.2004 die Ehe der Beteiligten geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Im März 2014 hat es das Versorgungsausgleichsverfahren von Amts wegen wieder aufgenommen und den Versorgungsausgleich nach dem seit 1.9.2009 geltenden Recht geregelt, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und den Verfahrenswert auf 7.200,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung der Wertfestsetzung hat es ausgeführt, die (aktuellen) Nettoeinkünfte des Antragstellers und der Antragsgegnerin mangels Mitteilung auf jeweils 2.000,00 EUR geschätzt zu haben.
Der Antragsteller hat gegen die Wertfestsetzung des FamG Beschwerde eingelegt. Er beanstandet den Ansatz seines Nettoeinkommens mit 2.000,00 EUR und trägt vor, über ein deutlich geringeres Einkommen zu verfügen.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem OLG vorgelegt.
Das OLG hat der Beschwerde teilweise stattgegeben und den Verfahrenswert auf 6.184,80,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Das im Jahr 2004 ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren war nach seiner Wiederaufnahme im Jahr 2014 gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbstständige Familiensache nach neuem, seit 1.9.2009 geltendem Recht fortzuführen. Dabei ist auch das neue Kostenrecht anzuwenden, da Art. 111 Abs. 4 FGG-RG insoweit keine Ausnahme regelt. Der Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren ist somit nach § 50 FamGKG zu bestimmen. Gem. § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der (ehemaligen) Ehegatten, mindestens 1.000,00 EUR.
Maßgeblich für die Bewertung sind jedoch nicht die aktuellen Einkünfte der ehemaligen Ehegatten, sondern deren Einkünfte zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 28.10.2010 – 1 WF 359/10, FamRZ 2011, 585; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2011 – 13 WF 30/11, FamRZ 2011, 1812 u. Beschl. v. 24.3.2011 – 13 WF 38/11, FamRZ 2011, 1797; AG Ludwigslust, Beschl. v. 22.4.2010 – 5 F 296/09; Schneider/Thiel, Streitwertkommentar für Zivilprozess und FamFG-Verfahren, 13. Aufl., Rn 8790 ff.; Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 34 Rn 63; a.A. nur Grabow, Kosten- und gebührenrechtliche Konsequenzen aus den Übergangsvorschriften zum Versorgungsausgleich, FamRB 2010, 93-96).
Gem. § 34 S. 1 FamGKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug entscheidend. In Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr maßgebend, § 34 S. 2 FamGKG.
Das Versorgungsausgleichsverfahren ist kein von Amts wegen einzuleitendes Verfahren im eigentlichen Sinne. Es ist nach § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG lediglich zwingende Folge des freiwilligen Scheidungsantrages und stets abhängig von dessen Schicksal. Es wird durch den Scheidungsantrag ausgelöst, ohne dass ein gesonderter Antrag erforderlich ist. Das Versorgungsausgleichsverfahren ist daher als Antragsverfahren anzusehen und die Festsetzung des Verfahrenswertes hat sich gem. § 34 S. 1 FamGKG am dreifachen Nettoeinkommen der Ehegatten bei Einreichung des Scheidungsantrages zu orientieren (Schneider, Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertfestsetzung der Folgesache Versorgungsausgleich, FamRZ 2010, 87; Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Aufl., § 50 FamGKG, Rn 12).
Seinen Charakter als Antragsverfahren verliert das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren auch nicht dadurch, dass es nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG von Amts wegen wieder aufzunehmen und gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG nach neuem Recht als selbstständige Familiensache (und nicht als Folgesache) fortzuführen ist (Schneider, FamFR 2010, 303).
Aus der Akte des Ehescheidungsverfahrens ergibt sich, dass bei Einreichung des Scheidungsantrages im März 2004 der Antragsteller über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.675,00 EUR und die Antragsgegnerin über ein solches in Höhe von 1.761,00 EUR verfügte. Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute beläuft sich damit auf 10.308,00 EUR. Hiervon 10 % sind 1.030,80,00 EUR, so dass sich bei insgesamt sechs Versorgungsanrechten ein Wert des Versorgungsausgleichsverfahrens von (6 x 1.030,80 EUR =) 6.184,80 EUR errechnet.
AGS 11/2014, S. 526 - 527