Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung des Wertes eines nach § 2 VAÜG ausgesetzten und nach § 50 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG wieder aufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahrens ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der ehemaligen Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages maßgebend.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Beschluss vom 18.06.2014) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Leipzig vom 18.6.2014 in Ziff. 3. seines Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Wert des erstinstanzliche Verfahren wird auf 6.184,80 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG - Familiengericht - Leipzig hat mit Urteil vom 27.9.2004 in dem Verfahren 336 F 767/04 die Ehe der Beteiligten geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren gem. § 2 VAÜG ausgesetzt. Im März 2014 hat es das Versorgungsausgleichsverfahren von Amts wegen wieder aufgenommen und mit Beschluss vom 18.6.2014 den Versorgungsausgleich nach dem seit 1.9.2009 geltenden Recht geregelt, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und den Verfahrenswert auf 7.200 EUR festgesetzt. Zur Begründung der Wertfestsetzung hat es ausgeführt, die (aktuellen) Nettoeinkünfte des Antragstellers und der Antragsgegnerin mangels Mitteilung auf jeweils 2.000 EUR geschätzt zu haben.
Der Antragsteller hat gegen die Wertfestsetzung des Familiengerichts Beschwerde eingelegt. Er beanstandet den Ansatz seines Nettoeinkommens mit 2.000 EUR und trägt vor, über ein deutlich geringeres Einkommen zu verfügen.
Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem OLG vorgelegt.
II. Die gem. § 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Sie führt zu einer Abänderung des vom Familiengericht festgesetzten Verfahrenswertes auf 6.184,80 EUR.
Das im Jahr 2004 ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren war nach seiner Wiederaufnahme im Jahr 2014 gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbständige Familiensache nach neuem, seit 1.9.2009 geltendem Recht fortzuführen. Dabei ist auch das neue Kostenrecht anzuwenden, da Art. 111 Abs. 4 FGG-RG insoweit keine Ausnahme regelt. Der Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren ist somit nach § 50 FamGKG zu bestimmen. Gemäß § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der (ehemaligen) Ehegatten, mindestens 1.000 EUR.
Maßgeblich für die Bewertung sind jedoch nicht die aktuellen Einkünfte der ehemaligen Ehegatten, sondern deren Einkünfte zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 28.10.2010 - 1 WF 359/10, FamRZ 2011, 585; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2011 - 13 WF 30/11, FamRZ 2011, 1812 und Beschl. v. 24.3.2011 - 13 WF 38/11, FamRZ 2011, 1797; AG Ludwigslust, Beschl. v. 22.4.2010 - 5 F 296/09, zitiert nach juris; Schneider/Thiel, Streitwertkommentar für Zivilprozess und FamFG-Verfahren, 13. Aufl., Rz. 8790 ff.; Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 34 Rz. 63; a.A. nur Grabow, Kosten- und gebührenrechtliche Konsequenzen aus den Übergangsvorschriften zum Versorgungsausgleich, FamRB 2010, 93-96).
Gemäß § 34 Satz 1 FamGKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug entscheidend. In Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr maßgebend, § 34 Satz 2 FamGKG.
Das Versorgungsausgleichsverfahren ist kein von Amts wegen einzuleitendes Verfahren im eigentlichen Sinne. Es ist nach § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG lediglich zwingende Folge des freiwilligen Scheidungsantrages und stets abhängig von dessen Schicksal. Es wird durch den Scheidungsantrag ausgelöst, ohne dass ein gesonderter Antrag erforderlich ist. Das Versorgungsausgleichsverfahren ist daher als Antragsverfahren anzusehen und die Festsetzung des Verfahrenswertes hat sich gem. § 34 Satz 1 FamGKG am dreifachen Nettoeinkommen der Ehegatten bei Einreichung des Scheidungsantrages zu orientieren (Schneider, Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertfestsetzung der Folgesache Versorgungsausgleich, FamRZ 2010, 87; Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Aufl., § 50 FamGKG, Rz. 12).
Seinen Charakter als Antragsverfahren verliert das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren auch nicht dadurch, dass es nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG von Amts wegen wieder aufzunehmen und gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG nach neuem Recht als selbständige Familiensache (und nicht als Folgesache) fortzuführen ist (Schneider, FamFR 2010, 303).
Aus der Akte des Ehescheidungsverfahrens (336 F 767/04 AG Leipzig) ergibt sich, dass bei Einreichung des Scheidungsantrages im März 2004 der Antragsteller über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.675 EUR und die Antragsgegnerin über ein solches i.H.v. 1.761 EUR verfügte. Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute beläuft sich damit auf 10.308 EUR. Hiervon 10 % sind 1030,80 EUR, so dass sich ...