Leitsatz

Im Rahmen der Kostenentscheidung ist das Obsiegen bzw. Unterliegen mit einer Klage auf Mieterhöhung nicht mit dem Jahreswert anzusetzen, sondern mit dem dreieinhalbfachen Jahreswert.

AG München, Beschl. v. 6.9.2016 – 452 C 30045/14

1 Sachverhalt

Die Klägerin hatte auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 99,00 EUR monatlich geklagt. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat Ersatz seiner vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 201,71 EUR zur Abwehr des Mieterhöhungsverlangens im Wege der Widerklage geltend gemacht. Klage und Widerklage wurden später zurückgenommen. Das Gericht hat die Kosten des Verfahrens der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 1.389,71 EUR festgesetzt.

2 Aus den Gründen

1. Der Streitwert war aus der Summe von Klage und Widerklage festzusetzen. Der Streitwert der Mieterhöhungsklage war dabei auf das Zwölffache des Monatsbetrags der geltend gemachten Erhöhung (12 x 99,00 EUR) festzusetzen, § 41 Abs. 5 S. 1 GKG.

2. Die Entscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3 S. 3, 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Klage und Widerklage sind zurückgenommen worden. Jede Partei muss sich im Hinblick auf ihre eigene Klage so behandeln lassen, als sei sie im Rechtsstreit unterlegen, § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei fällt die Widerklage aber nicht ins Gewicht, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Denn im Rahmen der Kostenentscheidung ist gem. § 9 ZPO bei der Ermittlung des Werts der Mieterhöhungsklage von einem Streitwert von 42 Monatsmieten auszugehen, nicht nur gem. § 41 Abs. 5 GKG von zwölf Monatsmieten. Denn auch wenn die Klagepartei nur teilweise obsiegt, weil etwa die Mieterhöhung erst drei Monate später zugesprochen wird, weil etwa das Gericht davon ausgeht, dass erst ein späteres Mieterhöhungsverlangen formell ordnungsgemäß war, ist es wirtschaftlich angemessen, dass die Klagepartei nicht zu 3/12 unterliegt, sondern zu 3/42tel. Auch die Rechtsmittelbeschwer bemisst sich unstrittig nach § 9 ZPO.

Danach unterlag die Beklagtenpartei aber nur in Höhe von 201,71 EUR zum fiktiven Gesamtstreitwert von 4.359,71 EUR (42 x 99,00 EUR + 201,71 EUR), also zu 4,6 %.

3 Anmerkung

Die Entscheidung ist grundsätzlich zutreffend.

Für das Obsiegen und Unterliegen kommt es nicht darauf an, wie die jeweiligen Ansprüche im Rahmen des GKG für die Gerichtsgebühren bewertet werden. Das Obsiegen hat nichts damit zu tun, wie ein Anspruch zu bewerten ist. So ist unstreitig auch ein Unterliegen mit einem Zinsanspruch oder einem Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten im Rahmen des § 92 ZPO zu berücksichtigen, auch wenn diese Positionen gegenüber der Hauptforderung nicht zusätzlich bewertet werden.

Das gleiche gilt bei wiederkehrenden Leistungen. So ist z.B. im Familienrecht in § 243 FamFG ausdrücklich angeordnet, dass die Dauer des Unterhalts bei der Kostenquotierung zu berücksichtigen ist. Obsiegt z.B. ein Antragsteller dahingehend, dass er für die nächsten zwölf Monate Unterhalt erhält, der darüber hinausgehende Antrag jedoch zurückgewiesen wird, so hat er gerade nicht vollständig obsiegt, sondern war zum Teil auch unterlegen.

Ebenso verhält es sich mit allen anderen Gegenständen, die – in der Regel aus sozialen Gründen – im Rahmen der Gerichtsgebühren geringer bewertet werden, als ihr tatsächlicher Verkehrswert.

Beim Obsiegen und Unterliegen kommt es aber nicht darauf an, wie sich die Gerichtsgebühren berechnen, sondern darauf, von welchen Werten tatsächlich auszugehen ist.

Ob man hier zwingend § 9 ZPO anwendet, erscheint fraglich, da dies letztlich auch wieder nur eine Hilfsvorschrift ist.

Im Rahmen des Obsiegens und Unterliegens muss man nach dem wirtschaftlichen Wert fragen. Das kann dazu führen, dass bei einer Mieterhöhung sogar ein höherer Wert als der 42fache Monatsbetrag anzunehmen ist, weil die Mieterhöhung bei entsprechend langer Dauer des Mietverhältnisses auch Grundlage für weitere Erhöhungen ist und sich über einen längeren Zeitraum als 42 Monate auswirken kann.

Norbert Schneider

AGS 11/2016, S. 542 - 543

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