Leitsatz
Fragt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten telefonisch bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers an, ob eine Klagrücknahme erwogen werde, und wird diese Frage dahingehend beantwortet, dass dies noch nicht entschieden sei, wird hierdurch noch keine Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV, Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV ausgelöst.
OLG Hamburg, Beschl. v. 15.6.2016 – 8 W 60/16
1 Aus den Gründen
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Kläger wendet sich zu Recht gegen die vom LG im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vertretene Auffassung, wonach eine Terminsgebühr zugunsten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) und zu 2) aufgrund eines außergerichtlich geführten Telefonates mit der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstanden sei.
Unstreitig haben die Prozessbevollmächtigten der Parteien außergerichtlich miteinander telefoniert. Nachdem nach Erstellung eines Sachverständigengutachtens den Parteien vom Gericht Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, eine Stellungnahme des Klägers aber nicht eingegangen war, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) und zu 2) die Klägervertreterin am 7.3.2016 angerufen und gefragt, ob eine Klagrücknahme erwogen werde. Diese Frage ist von der Klägervertreterin damit beantwortet worden, dass dies noch nicht entschieden sei.
Dies reicht für das Entstehen einer Terminsgebühr nicht aus.
Im Ausgangspunkt löst ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung nicht schon die 1,2-fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus. Vielmehr muss es sich gem. Vorbem. 3 Abs. 3 Fall 3 VV um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handeln. Mit der Regelung in Vorbem. 3 Abs. 3 Fall 3 VV soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung – auch zur Entlastung der Gerichte – gefördert werden (BGH AGS 2010, 164). Da es nach dem Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 3 Fall 3 VV für das Entstehen der Terminsgebühr genügt, dass die Besprechung auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet ist, reicht es nach einhelliger Auffassung aus, wenn der Rechtsanwalt den Gegner in einem Gespräch zur Rücknahme der Klage zu bewegen versucht (OLG Naumburg JurBüro 2006, 529; OLG Hamburg OLGR 2006, 574 [= AGS 2007, 31]; OLG Köln AGS 2009, 9; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Vorbem. 3 VV Rn 166; Hartmann, KostG, 45. Aufl., 3104 VV Rn 12; Hansens, JurBüro 2004, 250; OLG Hamburg, Beschl. v. 29.5.2012 – 4 W 48/12). Nicht entscheidend ist, ob das Ansinnen positiv aufgenommen wird (OLG Naumburg a.a.O.; OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1592 [= AGS 2005, 278]). Darauf, ob ein Telefonat für die anschließende Klagrücknahme ursächlich ist, kommt es nicht an (vgl. dazu auch OLG Koblenz NJW-RR 2005, 2162).
Nach diesen Grundsätzen ist eine Terminsgebühr vorliegend nicht entstanden. Es hat sich aus Sicht des Beschwerdegerichts lediglich um die Nachfrage gehandelt, ob eine Klagerücknahme erwogen werde, nicht um den Versuch, den Gegner im Rahmen eines Gesprächs zu eben diesem Verhalten zu bewegen. Das genügt für das Entstehen der Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV nicht.
Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin
AGS 11/2016, S. 507