ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 u. 3; RVG § 7 Abs. 2; InsO § 35
Leitsatz
- Ein Rechtsanwalt, der sich selbst und zugleich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vertritt, deren Geschäftsführer er ist, kann in dem ihn betreffendenden Kostenfestsetzungsverfahren Kosten für eine Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei, die sich zusätzlich für ihn bestellt hat, nur geltend machen, wenn die zusätzliche Vertretung notwendig war (Bestätigung Senatsbeschl. v. 20.1.2004 – VI ZB 76/03, Rpfleger 2004, 314 [= AGS 2004, 188]).
- Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft kann er nicht verlangen, so gestellt zu werden, als schulde er sich selbst gem. § 7 Abs. 2 RVG im Innenverhältnis entfallende Gebühren und Auslagen (Fortentwicklung BGH, Beschl. v. 30.4.2003 – VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217).
BGH, Beschl. v. 20.6.2017 – VI ZB 55/16
1 Sachverhalt
Der Rechtsbeschwerdeführer (im Folgenden auch: Beklagter zu 3)) wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Der Kläger und Rechtsbeschwerdegegner nahm den beschwerdeführenden Rechtsanwalt und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden auch: Beklagte zu 4)), deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Rechtsbeschwerdeführer ist, erfolglos auf Schadensersatz in Anspruch. Nachdem sich der Rechtsbeschwerdeführer zunächst selbst gegen die Klage verteidigt hatte, ließ er nach Erweiterung der Klage gegen die Beklagte zu 4) durch eine in seiner Kanzlei tätige Rechtsanwältin mitteilen, dass er nunmehr von dieser vertreten werde. Er selbst meldete sich als Prozessbevollmächtigter für die Beklagte zu 4). In der Klageerwiderung und weiteren Schriftsätzen machte er Ausführungen zur Sache sowohl für die Beklagte zu 4) als auch für sich selbst. Seine Prozessbevollmächtigte bezog sich auf diese Ausführungen sowie auf diejenigen der weiteren Beklagten. Den Termin zur mündlichen Verhandlung nahm der Rechtsbeschwerdeführer für die Beklagte zu 4) sowie für sich selbst wahr.
Mit Urt. v. 7.2.2014 hat das LG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. Nachdem aufgrund eines bereits am 4.2.2014 gestellten Insolvenzantrags am 14.2.2014 ein allgemeines Verfügungsverbot ergangen und sodann über das Vermögen der Beklagten zu 4) am 24.4.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat der Kläger die gegen die Beklagte zu 4) eingelegte Berufung nach Verständigung mit dem Insolvenzverwalter zurückgenommen. Die auf Verurteilung des Beklagten zu 3) gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Insolvenzverwalter der Beklagten zu 4) die Kostenfestsetzung auf der Basis beantragt, dass der Kläger den Beklagten zu 3) u. 4) jeweils die Hälfte der Kosten für die Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu erstatten habe. Das LG hat diese Kosten mit (gegenüber dem Insolvenzverwalter der Beklagten zu 4)) rechtskräftigem Beschl. v. 15.10.2015 antragsgemäß festgesetzt.
Der Beklagte zu 3) und hiesige Rechtsbeschwerdeführer hat – soweit hier noch erheblich – die Festsetzung von Kosten für die erste Instanz in voller Höhe beantragt. Der Rechtspfleger hat sie unter Berücksichtigung eines Erhöhungszuschlags für die Mehrvertretung lediglich zur Hälfte festgesetzt, weil die Beauftragung zweier Rechtsanwälte nicht notwendig gewesen sei. Das Beschwerdegericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der der Rechtsbeschwerdeführer seinen Kostenfestsetzungsantrag weiterverfolgt.
2 Aus den Gründen
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO) ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht gemeint, dem Beklagten zu 3) stehe lediglich ein Anspruch auf Ersatz der hälftigen Kosten zu, § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO.
1. Zu Unrecht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Beklagten zu 3) u. 4) zwei unterschiedliche Rechtsanwälte mit ihrer Vertretung beauftragt haben, denen voneinander unabhängige Vergütungsansprüche gegenüber ihren jeweiligen Mandanten zustehen. Die Beklagten zu 3) u. 4) sind vielmehr durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt – den Beklagten zu 3) – vertreten worden. Schon aus diesem Grund und nicht aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, wie das Beschwerdegericht gemeint hat, sind die Anwaltskosten der in der Kanzlei des Beklagten zu 3) tätigen Rechtsanwältin, die sich im Laufe des Verfahrens zusätzlich für den Beklagten zu 3) bestellt hat, nicht erstattungsfähig.
a) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht sei zu Unrecht von dem Grundsatz abgegangen, dass jeder kostenrechtlich obsiegende Streitgenosse die Kosten eines eigenen Rechtsanwalts erstattet verlangen könne, greift nicht durch. Zwar trifft es zu, dass zu den notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO in der Regel auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts gehören. Lassen sich Streitgenossen daher von vor...