ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes, privates Sachverständigengutachten ist nicht deshalb gegeben, weil einem solchen privaten Gutachten im Rahmen des Rechtsstreits ein höheres Gewicht zukäme als sonstigem Parteivortrag.
BGH, Beschl. v. 1.2.2017 – VII ZB 18/14
1 Sachverhalt
Der Kläger ist Inhaber eines Bauunternehmens. Im Dezember 2000 beauftragten die Beklagten den Kläger mit der Errichtung eines Wohnhauses. Der Kläger nahm die Beklagten wegen der Zahlung eines Restwerklohns i.H.v. 36.002,15 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Im Laufe des Prozesses führten die Beklagten zwei von ihnen bereits vorprozessual eingeholte Sachverständigengutachten, die sich über Mängel des Bauwerks sowie fehlende Fertigstellungsarbeiten verhielten, in den Prozess ein. Daraufhin beauftragte der Kläger seinerseits einen Sachverständigen, um dessen Stellungnahme den von den Beklagten eingeholten Gutachten entgegenzusetzen. Für dieses Gutachten wandte der Kläger 5.550,35 EUR netto auf.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens begehrt der Kläger, die für seinen Sachverständigen aufgewandten Kosten von 5.550,35 EUR netto in der Kostenausgleichung zu berücksichtigen.
Das LG hat im Kostenfestsetzungsbeschluss die Kosten für den Privatsachverständigen des Klägers berücksichtigt und einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagten i.H.v. 3.675,34 EUR festgesetzt. Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat den Kostenfestsetzungsbeschluss dahin abgeändert, dass der Kläger verpflichtet ist, den Beklagten 345,13 EUR zu erstatten. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger, den Beschluss des Beschwerdegerichtes aufzuheben und die Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG zurückzuweisen.
Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist über das Vermögen der Beklagten zu 2) das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Klägers in Richtung des Beklagten zu 1) hat keinen Erfolg. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) ist das Rechtsbeschwerdeverfahren unterbrochen, § 240 ZPO.
1. Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kosten für ein im Laufe des Rechtsstreits auf Veranlassung einer Partei erstelltes Privatgutachten seien in aller Regel nicht erstattungsfähig. Anderes gelte, wenn das Gutachten prozessbezogen sei und zudem die eigene Sachkunde der Partei für ein klares Urteil in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreiche, so dass sie sich berechtigterweise außer Stande sehe, ihrer Darlegungslast zu genügen, einen gebotenen Beweis anzutreten oder Angriffe des Gegners sachkundig abzuwehren.
Auf dieser Grundlage sei es nicht gerechtfertigt, die Gutachterkosten des Klägers als erstattungsfähig anzusehen. Der Kläger sei als Inhaber des die Baumaßnahme ausführenden Bauunternehmens als sachkundige Partei anzusehen. Zu Recht hätte die Beklagtenseite wiederholt und unwidersprochen darauf hingewiesen, dass der Kläger als Betreiber eines Bauunternehmens in der Lage sei, sich mit dem beklagtenseits außergerichtlich eingeholten Gutachten inhaltlich auseinanderzusetzen. Dies gelte auch, soweit es um die Beurteilung des kostenmäßigen Umfangs der noch ausstehenden Fertigstellungsarbeiten sowie der Mängelbehebung gehe.
Im Hinblick auf die Sachkunde des Klägers sei es unerheblich, dass das eingeholte Privatgutachten für die Entscheidung des Gerichtes eine Rolle gespielt haben möge. Es sei dem Kläger unbenommen, sich der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen, was aber für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten unerheblich sei. In diesem Zusammenhang könne es deshalb auch keine Rolle spielen, dass Ausführungen eines Sachverständigen als gewichtiger angesehen werden könnten.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
a) § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten erstatten muss, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Nach der Rspr. des BGH sind nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähige notwendige Kosten solche, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als sachdienlich ansehen darf. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist auf den Zeitpunkt der Veranlassung der die Kosten auslösenden Maßnahme abzustellen. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind (BGH, Beschl. v. 7.2.2013 – VII ZB 60/11, NJW 2013, 1820 Rn 24 = BauR 2013, 990; Beschl. v. 26.2.2013 – VI ZB 59/12, NJW 2013, 1823 Rn 4 f.; Beschl. v. 20.12.2011 – VI ZB 17/11, BGHZ 192, 140 Rn 10).
Holt eine Partei ein privates Sachverständigengutachten unmittelbar prozessbezogen ein, wird die Frage, ob eine verständige und wirtschaft...