Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Kosten eines prozessbegleitend eingeholten Privatgutachtens
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines prozessbegleitend privat eingeholten Sachverständigengutachtens sind erstattungsfähig, wenn das Gutachten unmittelbar prozessbezogen ist und zudem die eigene Sachkunde der Partei nicht ausreicht, einen gebotenen Beweis anzutreten oder die Angriffe des Gegners sachkundig abzuwehren (OLG Köln BeckRS 2010, 6613).
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1, § 104 Abs. 2 S. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 30.07.2020; Aktenzeichen 3 O 4291/15) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30.07.2020 dahingehend abgeändert, dass die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten 19.752,63 EUR statt (16.304,83 EUR) betragen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert beträgt 3.447,80 EUR.
Gründe
I. Der Kläger machte im Verfahren Schadensersatzansprüche wegen Arzthaftung gegen die Beklagte geltend. Dem zwischen den Parteien geschlossene Vergleich zufolge trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
Der Kläger beantragte im Kostenfestsetzungsverfahren unter anderem, die Kosten zweier Privatgutachten gegen die Beklagte festzusetzen. Die Beklagte wandte sich gegen die Festsetzung der Kosten der Privatgutachter. Das vorgerichtliche Gutachten von Prof. Dr. S. sei nicht erforderlich gewesen, weil bereits zwei Gutachten in dem der Klage vorausgegangenen Schlichtungsverfahren eingeholt worden seien. Es sei vom Gericht auch nicht verwertet worden. Das erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Schadenshöhe eingeholte Gutachten von Prof. Dr. M. sei schon aufgrund dieses Umstands nicht sachdienlich gewesen.
Am 30.07.2020 erging Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem die von der Beklagte an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 16.304,83 EUR festgesetzt wurden. Die Ersatzfähigkeit der Kosten des Privatgutachtens von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. M. verneinte die Rechtspflegerin. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger am 24.08.2020 zugestellt.
Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 02.09.2020, eingegangen per Telefax am selben Tag, sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein.
Der Kläger führt aus, das Gutachten von Prof. Dr. S. sei zur Prozessvorbereitung erforderlich gewesen. In dem von der Schlichtungsstelle eingeholten orthopädischen und unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. S. sei ein Behandlungsfehler verneint worden. Im ebenfalls von der Schlichtungsstelle eingeholten gefäßchirurgischen Gutachten sei nur ein Diagnosefehler bejaht worden, während der Klägervertreter der Auffassung gewesen sei, dass ein Befunderhebungsfehler vorlag. Gerade auch weil aus chirurgischer Sicht ein Behandlungsfehler im Schlichtungsverfahren nicht festgestellt worden sei, sei die Einholung des fachtraumatologischen Gutachtens des Prof. Dr. S. erforderlich gewesen, der einen Befunderhebungsfehler festgestellt habe. Das Gutachten sie nicht nur zur Beurteilung der Prozessaussichten, sondern auch zur rechtlichen Begründung der Klageschrift, die an vielen Stellen auf das Gutachten Bezug nehme, notwendig gewesen.
Das Gutachten von Prof. Dr. M. sei zu einem Zeitpunkt eingeholt worden, als die Haftung der Beklagten nur dem Grunde nach feststand. Ohne das Gutachten, aufgrund dessen sich die Parteien über die Höhe der Vergleichssumme geeinigt hätten, sei noch mit einer erheblichen Verfahrensdauer zu rechnen gewesen. Durch das Gutachten sei eine umfangreiche Beweisaufnahme zur Schadenshöhe vermieden worden. Das Gutachten sei notwendig gewesen, um die Schadenshöhe gegenüber der Beklagten nachzuweisen, ohne das Gutachten sei von einer geringeren Vergleichssumme auszugehen gewesen.
Die Beklagte hält die Gutachterkosten nicht für erstattungsfähig. Die vorgerichtlich durch die Schlichtungsstelle eingeholten Gutachten seien ausreichend gewesen, um den Kläger in die Lage zu versetzen, in der Klage vorzutragen. Das Gutachten von Prof. M. habe gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigengutachten, das einen bleibenden Schaden bestätigt habe, keine neuen Erkenntnisse gebracht. Die Vergleichsverhandlungen seien durch das neue Gutachten eher erschwert worden.
Die Rechtspflegerin half der sofortigen Beschwerde unter dem 08.10.2020 nicht ab und legte die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO) hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger sind von der Beklagten die Kosten des vorgerichtlich eingeholten Privatgutachten des Prof. Dr. S. zu erstatten, ebenso die Kosten des während des Verfahrens eingeholten Privatgutachtens des Prof. Dr. M. Der Festsetzungsbetrag erhöht sich daher um die Kosten der beiden Gutachten in Höhe von 1.919,00 EUR und 1.528,80 EUR auf 19.752,63 EUR.
1. Nach der Rechtsprechung des BGH sind nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähige notwendige Kosten solche, die für Maßnahmen a...