RVG VV Nr. 1000; FamGKG-KostVerz. Nr. 1500; FamGKG § 48 Abs. 2
Leitsatz
Einigen sich die Beteiligten in einem Gewaltschutzverfahren auch über die Verteilung von Haushaltsgegenständen für die Zeit der Trennung, so begründet dies einen Mehrwert des Vergleichs i.H.v. 2.000,00 EUR.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.1.2017 – 10 WF 107/16
1 Aus den Gründen
Die gem. § 32 Abs. 2 RVG, § 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aus eigenem Recht führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Entgegen der Auffassung des AG ist für den in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleich ein gesonderter Verfahrenswert festzusetzen, der den Wert des erstinstanzlichen Verfahrens auch übersteigt.
Wurde in einem Verfahren (auch) ein Vergleich über nicht anhängige Verfahrensgegenstände geschlossen, hat das Gericht zwei Werte, nämlich den Verfahrenswert und den Vergleichsmehrwert festzusetzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Vergleich auch über nicht anhängige Gegenstände geschlossen worden ist, weil in einem solchen Fall nicht nur für die Verfahrensbevollmächtigten eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV anfallen kann, sondern darüber hinaus nach Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. auch das Entstehen von 0,25 Gerichtsgebühren in Betracht kommt (vgl. Dürrbeck, in: Mayer, Beckscher Online-Kommentar Streitwert, 17. Edition, "Verfahren der Wertfestset zung", Rn 5 a). Nach Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. entsteht eine Gerichtsgebühr von 0,25 bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird.
Gem. § 32 Abs. 1 RVG ist, wenn der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt wird, die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Dies betrifft hier auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Dabei kommt es entgegen der vom AG geäußerten Auffassung nicht darauf an, inwieweit der Vergleich, weil er "lediglich" Absichtserklärungen enthält, nicht vollstreckbar ist.
Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV entsteht die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist. Dabei kommt es unter der Geltung des RVG nicht mehr auf einen Vergleich i.S.v. § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an. Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH, Beschl. v. 13.7.2007 – II ZB 10/06, NJW 2007, 2187 Rn 6 [= AGS 2007, 366]). Für die Festsetzung einer Einigungsgebühr reicht es aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV geschlossen haben. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht erforderlich (BGH a.a.O., amtlicher Leitsatz; s. auch Hartmann, KostG, 46. Aufl., KV Fam 1500 Rn 4).
Vor diesem Hintergrund ist auch der von den Beteiligten im Zusammenhang mit der vergleichsweisen Erledigung des Gewaltschutzverfahrens geschlossene Vergleich, soweit er eine gegenseitige Verpflichtung hinsichtlich der Auflistung und Aufteilung des gemeinsamen Hausrats enthält, einer Einigungsgebühr zugänglich. Mithin ist ein gesonderter Vergleichsmehrwert festzusetzen.
Da es sich bei der Einigung der Beteiligten über den Hausrat um eine Vereinbarung während der Trennung handelt, ist insoweit von einem Vergleichsmehrwert von 2.000,00 EUR auszugehen, vgl. § 48 Abs. 2 FamGKG i.V.m. § 200 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Da der Wert der Hauptsache sich unstreitig auf 1.500,00 EUR beläuft, §§ 49 Abs. 1, 41 FamGKG, ergibt sich insgesamt ein Vergleichswert von 3.500,00 EUR.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig. Anzumerken ist jedoch Folgendes:
I. Festsetzung von Amts wegen
Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts hat von Amts wegen nur dann zu erfolgen, wenn aus dem Vergleich eine Gerichtsgebühr anfällt. Das war hier der Fall, da aus dem Mehrwert des Vergleichs die 0,25 Gerichtsgebühr nach Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. angefallen ist.
Ob und inwieweit aus einem Mehrwert Anwaltsgebühren anfallen, ist für die gerichtliche Wertfestsetzung irrelevant. Das Gericht hat zunächst einmal nur den Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren festzusetzen (§ 55 RVG).
Eine Festsetzung des Werts für die Anwaltsgebühren kommt nur in Betracht, wenn die Anwaltsgebühren sich nicht nach dem Verfahrenswert richten und ein Antrag hierzu gestellt worden ist. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Vergütung kommt nämlich nicht von Amts wegen in Betracht.
II. Wert des Vergleichs
Der Vergleichswert beläuft sich auch nicht auf 3.500,00 EUR, so...