Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Vergleichsmehrwerts, wenn eine Einigung im Gewaltschutzverfahren sich auch auf Haushaltsgegenstände erstreckt.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000; FamGKG Nr. 1500 KV
Verfahrensgang
AG Strausberg (Aktenzeichen 2.1 F 149/16) |
Tenor
Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 1.500 EUR, der Vergleichswert jedoch auf 3.500 EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aus eigenem Recht, die sich verständigerweise nicht erst gegen die Zurückweisung des Begehrens auf Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts durch Beschluss vom 13.7.2016, sondern bereits gegen die Wertfestsetzung vom 16.6.2016, in der die Festsetzung eines Vergleichswerts unterblieben ist, richtet, führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist für den in der mündlichen Verhandlung vom 15.6.2016 geschlossenen Vergleich ein gesonderter Verfahrenswert festzusetzen, der den Wert des erstinstanzlichen Verfahrens auch übersteigt.
Wurde in einem Verfahren (auch) ein Vergleich über nicht anhängige Verfahrensgegenstände geschlossen, hat das Gericht zwei Werte, nämlich den Verfahrenswert und den Vergleichsmehrwert festzusetzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Vergleich auch über nicht anhängige Gegenstände geschlossen worden ist, weil in einem solchen Fall nicht nur für die Verfahrensbevollmächtigten eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 des Vergütungsverzeichnisses (VV)als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG anfallen kann, sondern darüber hinaus nach Nr. 1500 Kostenverzeichnis (KV) als Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG auch das Entstehen von 0,25 Gerichtsgebühren in Betracht kommt (vgl. Dürrbeck, in: Mayer, Beckscher Online-Kommentar Streitwert, 17. Edition, "Verfahren der Wertfestsetzung", Rn. 5 a). Nach Nr. 1500 des KV entsteht eine Gerichtsgebühr von 0,25 bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird.
Gemäß § 32 Abs. 1 RVG ist, wenn der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt wird, die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Dies betrifft hier auch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Dabei kommt es entgegen der vom Amtsgericht im Beschluss vom 13.7.2016 geäußerten Auffassung nicht darauf an, inwieweit der Vergleich, weil er "lediglich" Absichtserklärungen enthält, nicht vollstreckbar ist.
Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV entsteht die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist. Dabei kommt es unter der Geltung des RVG nicht mehr auf einen Vergleich i.S.v. § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an. Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH, Beschluss vom 13.7.2007 - II ZB 10/06, NJW 2007, 2187 Rn. 6). Für die Festsetzung einer Einigungsgebühr reicht es aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV geschlossen haben. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht erforderlich (BGH, a.a.O., amtlicher Leitsatz; sh. auch Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., KV Fam 1500 Rn. 4).
Vor diesem Hintergrund ist auch der von den Beteiligten im Zusammenhang mit der vergleichsweisen Erledigung des Gewaltschutzverfahrens geschlossene Vergleich, soweit er eine gegenseitige Verpflichtung hinsichtlich der Auflistung und Aufteilung des gemeinsamen Hausrats enthält, einer Einigungsgebühr zugänglich. Mithin ist ein gesonderter Vergleichsmehrwert festzusetzen.
Da es sich bei der Einigung der Beteiligten über den Hausrat um eine Vereinbarung während der Trennung handelt, ist insoweit von einem Vergleichsmehrwert von 2.000 EUR auszugehen, vgl. § 48 Abs. 2 FamGKG i.V.m. § 200 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Da der Wert der Hauptsache sich unstreitig auf 1.500 EUR beläuft, §§ 49 Abs. 1, 41 FamGKG, ergibt sich insgesamt ein Vergleichswert von 3.500 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 10999229 |
FamRZ 2017, 1957 |
AGS 2017, 517 |
NZFam 2017, 1113 |