KV-JVKostG Nr. 1401
Leitsatz
Ein – kostenfreies – bloßes Gesuch um Einsicht in Nachlassakten wird nicht dadurch zu einer – kostenpflichtigen – Justizverwaltungsangelegenheit, dass ein Nachlassverfahren nach landesrechtlichen Vorschriften (hier Art. 37 Abs. 1 BayAGGVG) nicht durchgeführt wird, weshalb auch keine Nachlassakten vorhanden sind.
OLG München, Beschl. v. 10.9.2018 – 11 W 899/18
1 Sachverhalt
Die Beteiligte hatte beantragt, ihr Einsicht in die Nachlassakten ihrer verstorbenen Mutter zu gewähren. Hierauf teilte das AG mit, die Erbenermittlung von Amts wegen sei unterblieben, da zum Nachlass kein Grundstück gehöre und ein die Beerdigungskosten übersteigendes Vermögen nicht vorhanden sei (Art. 37 Abs. 2 BayAGGVG); ein Nachlassverfahren werde deshalb nicht durchgeführt. Für diese Mitteilung setzte das AG gem. Nr. 1401 KV-JVKostG eine Gebühr i.H.v. 15,00 EUR an. Auf die Erinnerung der Beteiligten hob das AG den Kostenansatz auf. Hiergegen erhob die Landeskasse Beschwerde, die das LG unter Zulassung der weiteren Beschwerde nach § 66 Abs. 4 GKG zurückwies. Die Landeskasse legte die zugelassene weitere Beschwerde ein und führte zu deren Begründung insbesondere eine Reihe von gegenteiligen OLG-Entscheidungen an. Wenn es kein Nachlassverfahren gebe, könne sich ein entsprechendes Auskunftsbegehren auch nicht auf ein gerichtliches Verfahren beziehen. Das Ersuchen der Antragstellerin um Akteneinsicht müsse auf jeden Fall beim Gericht zur Erteilung der Negativauskunft führen; anderenfalls hätte dies eine Umgehung der gesetzlichen Kostenbestimmung in Nr. 1401 KV-JVKostG zur Folge. Der Bezirksrevisor ergänzte die Begründung noch um den Gesichtspunkt, bei der beantragten Akteneinsicht gehe es – im Ergebnis – nur um die Auskunft, ob ein Nachlassverfahren anhängig sei oder nicht, weshalb das Ersuchen in ein Auskunftsersuchen "umgedeutet" werden müsse. Nach Umdeutung liege ein Antrag auf Negativauskunft vor, der die angesetzte Gebühr auslöse. Das OLG hat die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 66 Abs. 3, 4 GKG i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG zulässige weitere Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; der Senat hält die Begründung des LG für überzeugend.
Die vom Bezirksrevisor angeführten, eine Kostenpflicht in vergleichbaren Fällen bejahenden, Beschlüsse (etwa OLG Hamm, Beschl. v. 7.7.2017 – 25 W 119/17; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.8.2017 –10 W 391/17 etc.) beachten auch nach Auffassung des Senates zu wenig die Unterscheidung zwischen einer Angelegenheit der Justizverwaltung einerseits und einer solchen der freiwilligen Gerichtsbarkeit andererseits; demnach ist den überzeugenden Ausführungen in dem bereits von der Antragstellerin zitierten Beschlüssen des OLG Koblenz v. 22.6.2016 – 14 W 295/16 sowie des OLG Köln v. 8.1.2018 – 2 Wx 277/17 u. v. 15.5.2017 – 2 Wx 108/17 zu folgen:
Zu Recht stellt das Beschwerdegericht in erster Linie darauf ab, die Antragstellerin habe ausdrücklich und unmissverständlich Akteneinsicht in Nachlassakten beantragt Der Ansicht, wonach dieses klare Begehren – nur wegen Nichtanlage solcher Akten – in irgendwelche Auskunftsersuchen "umgedeutet" werden müsse, vermag der Senat nicht näher zu treten: Ein Akteneinsichtsgesuch bleibt ein Akteneinsichtsgesuch auch dann, wenn es diesbezügliche Akten – warum auch immer – nicht gibt. Das Gesuch geht insoweit ins Leere bzw. kann nicht erfüllt werden, was beispielsweise auch dann der Fall wäre, wenn die Akten nicht mehr zur Verfügung stünden. Angenommen, es wären doch Nachlassakten angelegt worden und das Gericht hätte versehentlich eine unrichtige Negativauskunft erteilt, dann müsste nach der Argumentation der Beschwerde hierfür eine Gebühr erhoben werden – für eine Berichtigung und die anschließend doch mögliche Akteneinsicht hingegen würde eine solche nicht anfallen; das leuchtet nicht ein. Zu Recht betont das OLG Köln im Beschl. v. 8.1.2018 (a.a.O., Rn 19), es könne für die Behandlung als ein eigenständiges Verfahren nach dem FamFG keinen Unterschied machen, ob eine Nachlassakte existiere oder nicht. Mit dem LG ist deshalb davon auszugehen, dass ein – mangels vorhandener Akte erfolgloses bzw. ins Leere gehendes – Akteneinsichtsersuchen nach wie vor ein Akteneinsichtsgesuch bleibt; es verlässt damit nicht den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 13 Abs. 7, 357 FamFG – in jeder Hinsicht überzeugend OLG Köln, Beschl. v. 8.1.2018, a.a.O., Rn 181).
Soweit die im Beschluss des LG erwähnte Einzelrichterentscheidung des Senates v. 22.11.2017 – 11 W 1162/17 dahingehend verstanden werden kann, dass darin eine andere Auffassung vertreten werde, hält der Senat an dieser Entscheidung nicht fest; es kommt demnach nicht mehr darauf an, ob die zugrunde liegenden Sachverhalte überhaupt vergleichbar sind bzw. ob die damalige Entscheidung vom Senat insgesamt hätte getroffen werden müssen.
Das Verfahren ist gebührenfrei.
Eine Klärung der angesprochenen Frage durch den BGH ist wegen § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht möglich.
Einer gesonderten Übertragung des Beschwerdeverfahrens – das grun...