Leitsatz (amtlich)
Ein - kostenfreies - bloßes Gesuch um Einsicht in Nachlassakten wird nicht dadurch zu einer - kostenpflichtigen - Justizverwaltungsangelegenheit, dass ein Nachlassverfahren (nach landesrechtlichen Vorschriften, hier Art. 37 Abs. 1 BayAGGVG) nicht durchgeführt wird, weshalb auch keine Nachlassakten vorhanden sind.
Normenkette
FamFG §§ 13, 357; KV-JVKostG Nr. 1410
Verfahrensgang
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Aktenzeichen TA 923/15) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Staatskasse vom 15.05.2018 gegen den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 23.04.2018 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Frage, ob die auf ein Gesuch um Akteneinsicht in Nachlassakten ergehende Mitteilung, wonach ein Nachlassverfahren nicht geführt wird, Kosten gemäß Nr. 1401 KV-JVKostG in Höhe von EUR 15,00 auslöst.
Die Beteiligte zu 1) beantragte am 24.11.2016 über ihre anwaltlichen Vertreter Einsicht in die Nachlassakten ihrer am ... verstorbenen Mutter. Hierauf teilte das Amtsgericht Pfaffenhofen mit, die Erbenermittlung von Amts wegen sei unterblieben, da zum Nachlass kein Grundstück gehöre und ein die Beerdigungskosten übersteigendes Vermögen nicht vorhanden sei (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BayAGGVG); ein Nachlassverfahren werde deshalb nicht durchgeführt.
Für diese Mitteilung setzte das Amtsgericht Kosten gemäß Nr. 1401 KV-JVKostG in Höhe von 15,00 EUR an. Dagegen wandte sich die Beteiligte zu 1) zunächst mit ihrer Erinnerung, die sie mit einem Verweis auf den Beschluss des OLG Koblenz vom 22.06.2016 - 14 W 295/16 begründete. Auf die Erinnerung hob das Amtsgericht Pfaffenhofen mit Beschluss vom 04.09.2017 den Kostenansatz auf und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Negativauskunft vom 28.11.2016 handle es sich nicht um eine Justizverwaltungsangelegenheit, weshalb auch die Verweisung in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Landesjustizkostengesetzes Bayern auf § 1 Abs. 2 JVKostG nicht zu einer Gebührenpflicht führen könne. Es handle sich vielmehr um ein Akteneinsichtsverlangen nach §§ 13 Abs. 7, 357 FamFG; der Umstand, dass im konkreten Falle ein Nachlassverfahren nicht eingeleitet worden sei, mithin auch keine Nachlassakte existiere, mache die Angelegenheit nicht zu einer solchen der Justizverwaltung. Bereits die Entscheidung, kein Nachlassverfahren einzuleiten, sei nämlich eine Sache der freiwilligen Gerichtsbarkeit und daher gebührenfrei. Hiergegen erhob der zuständige Bezirksrevisor am 20.09.2017 unter Verweis auf anderslautende obergerichtliche Entscheidungen Beschwerde: Nach der Entstehungsgeschichte des JVKostG solle die Negativauskunft ebenfalls Kosten auslösen; der Gesetzgeber habe gerade Fälle wie den vorliegenden im Auge gehabt. Daran ändere der Umstand, dass die fragliche Auskunft in § 1 Abs. 2 JVKostG nicht eigens aufgeführt sei, nichts, denn diese Bestimmung sei über Art. 1 Abs. 1 Satz 1 LJKostG Bayern anwendbar. Wenn es kein Nachlassverfahren gebe, könne sich ein entsprechendes Auskunftsbegehren auch nicht auf ein gerichtliches Verfahren beziehen. Mangels Nachlassakten im Sinne von §§ 13, 357 FamFG liege somit eine Justizverwaltungsangelegenheit vor.
Mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss, in dem es die weitere Beschwerde im Sinne von § 66 Abs. 4 GKG zugelassen hat, wies das Landgericht die Beschwerde zurück; auf die ausführliche und erschöpfende Sachverhaltsdarstellung in dieser Entscheidung wird Bezug genommen: Nach Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen mehrerer Oberlandesgerichte führt die Kammer zur Begründung insbesondere aus, die Antragstellerin habe ausdrücklich Akteneinsicht in eine Nachlassakte beantragt; der eigentliche Sinn der gerichtlichen Mitteilung, wonach eine solche nicht angelegt sei, liege darin, eine an sich erforderliche Entscheidung über das Einsichtsgesuch nach §§ 13, 357 FamFG zu ersetzen; eine solche Entscheidung aber sei gebührenfrei. Soweit es keine Nachlassakte gegeben habe, in die man hätte Einsicht nehmen können, ändere dies nichts: Abzustellen sei auf das Begehren der Antragstellerin und den funktionalen Zusammenhang mit einem Nachlassverfahren. Das Ansinnen der Antragstellerin sei weder auslegungs- noch umdeutungsfähig; die Antragstellerin habe auch nicht etwa um bestimmte Auskünfte aus der Nachlassakte etc. gebeten. Dieser Sichtweise stünden auch die Gesetzesmaterialien nicht entgegen, denn das schlichte Begehren um Akteneinsicht werde davon nicht erfasst.
Am 15.05.2018 erhob die Staatskasse die zugelassene weitere Beschwerde und führt zu deren Begründung insbesondere eine Reihe von der Auffassung des Landgerichts entgegenstehenden OLG-Entscheidungen an: Wenn es kein Nachlassverfahren gebe, könne sich ein entsprechendes Auskunftsbegehren auch nicht auf ein gerichtliches Verfahren beziehen. Das Ersuchen der Antragstellerin um Akteneinsicht müsse auf jeden Fall beim Gericht zur Erteilung der Negativauskunft führen, andernfalls dies eine Umgehung der gesetzlichen Kostenbestimmung in KV-1401 JVKostG zur Folge hätte. Der Bezirksrevisor ergänzte die Begr...