RVG §§ 56 Abs. 1 S. 1, 33; SGG §§ 73a, 172
Leitsatz
Hat das Sozialgericht die Rechtsanwaltsgebühr durch Beschluss auf einen bestimmten Betrag festgesetzt und war die Beschwerde des Beschwerdegegners im erstinstanzlichen Verfahren auf die Festsetzung der Vergütung auf einen konkreten Betrag beschränkt, so ist wegen des Grundsatzes der reformatio in peius eine Herabsetzung der Vergütung unter diesen Betrag weder im Erinnerungs- noch im Beschwerdeverfahren möglich. Legt in einem Verfahren der Prozesskostenhilfe die Staatskasse selbst keine Erinnerung ein, so garantiert dies die Festsetzung auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz zuerkannten Gebühren.
LSG Thüringen, Beschl. v. 17.7.2018 – L 1 SF 680/16 B
1 Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für das beim SG anhängig gewesene Verfahren, in dem der Beschwerdeführer den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) vertrat.
Nach Erledigung der Hauptsache bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe ohne Kostenbeteiligung. Mit weiterem Beschluss verpflichtete das SG die Beklagte zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Kläger i.H.v. 2/3.
Der Beschwerdeführer beantragte hiernach die Festsetzung folgender Gebühren aus der Staatskasse:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV |
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170,00 EUR |
Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV |
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51,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
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380,00 EUR |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV, 17.4.2012 |
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3,53 EUR |
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV |
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3,89 EUR |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV, 7.6.2013 |
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9,84 EUR |
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV |
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7,00 EUR |
Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
645,26 EUR |
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Umsatzsteuer Nr. 7008 VV |
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122,60 EUR |
Gesamt |
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767,86 EUR |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle veranlasste die Zahlung dieses Betrages an den Beschwerdeführer.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse Erinnerung eingelegt, mit dem Antrag, die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV in Höhe der um ein Viertel gekürzten Mittelgebühr (150,00 EUR) festzusetzen. Die Festsetzung der Höchstgebühr sei nicht gerechtfertigt, weil sie unbillig sei.
Das SG hat die zu zahlende Vergütung daraufhin auf 487,91 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV 127,50 EUR, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV 38,25 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV 200,00 EUR, Fahrt- und Abwesenheitsgeld Nr. 7002 VV 3,51 EUR, Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV 20,00 EUR, Fahrtkosten, Tage-/Abwesenheitsgeld Nrn. 7003, 7005 VV 24,26 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 77,90 EUR) festgesetzt. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei eine Gebühr i.H.v. 3/4 der Mittelgebühr (127,50 EUR) angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren sei vorliegend unterdurchschnittlich gewesen. Der Beschwerdeführer habe zu einem erheblichen Teil vorformulierte Textbausteine, welche er gerichtsbekannt in einer Vielzahl von Verfahren gebrauche, verwendet. Seine Ausführungen seien i.Ü. oftmals pauschal geblieben, hierdurch habe sich der Umfang seiner Tätigkeit spürbar reduziert. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Sein Vortrag habe zu einem erheblichen Teil aus allgemeinrechtlichen und pauschal gehaltenen Ausführungen bestanden. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger stelle sich als unterdurchschnittlich dar. Deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien weit unterdurchschnittlich gewesen. Ein besonderes Haftungsrisiko liege nicht vor. Bei der Terminsgebühr sei eine Gebühr in Höhe der Mittelgebühr (200,00 EUR) angemessen. Die Terminsgebühr richte sich nicht allein nach der Dauer des Termins – hier 59 Minuten (gemeint wohl 49 Minuten) für zwei Termine –, insoweit werde auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat der Anwalt Beschwerde eingelegt. Die Verfahrensgebühr sei i.H.v. 170,00 EUR festzusetzen, die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen, ebenso die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger. Bezüglich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei auszuführen, dass nicht jede Abweichung vom Durchschnitt relevant sei. Vielmehr müsse eine erhebliche Differenz erkennbar sein. Die Terminsgebühr sei i.H.v. 380,00 EUR festzusetzen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31.7.2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführers ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (std. Rsp. des 6. Senats des Thüringer LSG, vgl. u.a. Beschl. v. 15.3.2011 – L 6 SF 975/10 B) und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 EUR.
Hinsichtlich der Höhe der festzusetzenden Vergütung nimmt der Senat in entsprechender Anwendung des § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug, denen er sich anschließt. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergütung des Beschwerdeführers höher festzusetzen wäre, sind nicht ersichtlich.
Damit err...