RVG VV Nr. 1008; BGB §§ 741 ff., 744 Abs. 2
Leitsatz
Beim markenrechtlichen Unterlassungsanspruch handelt es sich um denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. Nr. 1008 VV, wenn die (beiden) Antragsteller, denen das Markenrecht in Bruchteilsgemeinschaft zusteht, aufgrund ihrer einheitlichen, demselben Rechtsverhältnis entstammenden Rechtsposition – nämlich ihrer Mitinhaberschaft am Markenrecht – das gleiche Ziel – nämlich die Unterlassung einer Markenrechtsverletzung – verfolgen.
OLG Hamburg, Beschl. v. 28.1.2019 – 8 W 2/19
1 Sachverhalt
Die Antragsteller als Markenrechtsinhaber erwirkten gegen den Antragsgegner eine auf Unterlassung der Benutzung der geschützten Marke gerichtete einstweilige Verfügung. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsgegner auferlegt.
Auf Basis eines nach Beschwerde des Antragsgegners auf 20.000,00 EUR festgesetzten Streitwerts hat das LG zu erstattende Rechtsanwaltskosten der Antragsteller i.H.v. 1.049,82 EUR festgesetzt.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Antragsteller eingehend am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt, soweit das LG trotz der Vertretung zweier Antragsteller auf die Verfahrensgebühr des Antragstellervertreters keine 0,3-Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 VV zuerkannt hat.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
Die nach §§ 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Antragssteller wenden sich zu Recht dagegen, dass das LG im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die von ihrem Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 VV nicht als erstattungsfähig angesehen hat.
1. Gem. Nr. 1008 VV erhöht sich die Verfahrensgebühr für jede weitere Person um 0,3, wenn in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber sind. Damit tritt bei Wertgebühren eine Gebührenerhöhung ein, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Liegen hingegen verschiedene Gegenstände vor, so werden die Gegenstandswerte gem. § 22 RVG addiert, die Gebühr aber nicht erhöht (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, VV Nr. 1008 Rn 144).
Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist dann derselbe, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird, wenn also die Auftraggeber insoweit eine Rechtsgemeinschaft oder eine dieser gleichgestellten Gemeinschaft bilden. Steht dagegen jedem von mehreren Auftraggebern das Recht allein zu bzw. bestehen mehrere, ggfs. auch inhaltsgleiche Rechte selbständig nebeneinander, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände (BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, juris Rn 7 [= AGS 2008, 327]; Senat, Beschl. v. 2.2.2015 – 8 W 108/14; Müller-Rabe, a.a.O., Rn 146).
2. Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für die Berechnung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV erfüllt.
a) Die beiden Antragsteller sind gemeinsam Inhaber des den Unterlassungsanspruch begründenden Markenrechts. Da sie ihre Rechtsgemeinschaft nicht abweichend geregelt haben, bilden sie als Inhaber der Marke eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2014 – I ZB 27/13, juris Rn 9; MüKo-K. Schmidt, § 741 BGB Rn 68).
b) Im Ausgangspunkt zutreffend führt das LG aus, dass jeder Antragsteller den Unterlassungsanspruch auch hätte selbständig geltend machen können. Denn steht das verletzte Kennzeichenrecht mehreren in Bruchteilsgemeinschaft zu, so ist entsprechend § 744 Abs. 2 BGB jeder Mitinhaber selbständig zur Geltendmachung von Unterlassungs- oder sonstigen Durchsetzungsansprüchen berechtigt (BGH GRUR 2000, 1028, 1029; OLG Köln GRUR-RR 2005, 82, 83); bei der Verteidigung der Marke können etwaige Leistungs- oder Auskunftsansprüche aufgrund der Bruchteilsgemeinschaft aber gem. §§ 432 Abs. 1, 744 Abs. 1 BGB nur zugunsten aller Mitinhaber der Marke als Gesamtgläubiger erhoben werden (BeckOK MarkenR/Eckhartt, MarkenG § 14 Rn 627; Ingerl/Rohnke, MarkenG § 14 Rn 12, jeweils m.w.N.).
c) Dennoch handelt es sich beim markenrechtlichen Unterlassungsanspruch um denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. Nr. 1008 VV, weil die Antragsteller aufgrund einer einheitlichen, demselben Rechtsverhältnis entstammenden Rechtsposition – nämlich ihrer Mitinhaberschaft am Markenrecht – das gleiche Ziel – nämlich die Unterlassung einer Markenrechtsverletzung – verfolgen. Die Antragsteller machen keine selbständigen, voneinander unabhängigen Ansprüche, sondern den gleichen Unterlassungsanspruch geltend. Aus dem einheitlichen den Antragstellern in Bruchteilsgemeinschaft zustehenden Markenrecht resultiert ein einheitlicher Unterlassungsanspruch, dessen Geltendmachung eine Erhöhungsgebühr auslöst (vgl. für den einheitlichen Unterlassungsanspruch bei Schutzrechtsverletzungen im Falle einer Gesamthandsgemeinschaft bereits Senat, Beschl. v. 9.2.2000, juris Rn 2; KG, Beschl. v. 30.6.2005 – 1 W 93/05, juris Rn 2 [= AGS 2005, 495]; OLG Köln, Beschl. v. 10.5.1993, juris Rn 2; für die Bruchteilsgemeinschaft: LG Mannheim, Urt. v. 26.11.2013 – 2 O 315/12, juris Rn 23; Müller-Rabe, a.a...