[Ohne Titel]
In Zivilsachen kann zunächst ein Grundurteil ergehen, wenn der Anspruch sowohl dem Grund nach als auch nach der betragsmäßigen Höhe streitig ist. Dem Grundurteil schließt sich dann ein Betragsverfahren an, in dem über den bezifferten Anspruch entschieden wird. Der Erlass eines Grundurteils wirft kostenrechtliche Fragen auf, insbesondere dann, wenn gegen das Grundurteil ein Rechtsmittel eingelegt wird, weil dann fraglich sein kann, ob und in welchem Umfang eine Zurückverweisung vorliegt, insbesondere wenn das Rechtsmittelgericht das Grundurteil bestätigt oder den Anspruch nach bereits erfolgter Klageabweisung dem Grunde nach doch zuerkennt. Diese Frage hat erhebliche Auswirkungen auf die Anwaltsvergütung.
I. Das Grundurteil
§ 304 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass in den Fällen, in denen ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist, zunächst eine Vorabentscheidung über den Grund getroffen werden kann. Bei dem Grundurteil handelt es sich um ein materiell-rechtliches Zwischenurteil besonderer Art. Der Erlass des Grundurteils steht im freien Ermessen des Gerichts. Es enthält keinen Ausspruch hinsichtlich der Kosten und der Vollstreckbarkeit.
Das Grundurteil ist hinsichtlich der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen (§ 304 Abs. 2 ZPO). Es ist daher selbstständig mit der Berufung und Revision anfechtbar.
Mit der Verkündung des Grundurteils tritt ein tatsächlicher Stillstand des Verfahrens ein, der andauert bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Grundurteils, es sei denn, dass das Gericht auf Antrag einer Partei eine mündliche Verhandlung über den Betrag anberaumt (§ 304 Abs. 2 ZPO). Ist die formelle Rechtskraft des Grundurteils eingetreten, hat das Gericht von Amts wegen Termin zur Verhandlung über den Betrag des Anspruchs zu bestimmen.
In dem Betragsverfahren wird durch Endurteil entschieden, wobei das ergangene Grundurteil bindend ist. In dem Endurteil ergeht schließlich auch die Kostenentscheidung, die dann beide Verfahrensteile umfasst.
II. Anwaltsvergütung
1. Einheitliche Angelegenheit
Grund- und Betragsverfahren gelten als einheitliche Angelegenheit, sodass der Anwalt die Verfahrens- und Terminsgebühr nur einmal fordern kann (§ 15 Abs. 2 RVG). Gleiches gilt für die Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV.
Beispiel 1
Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil. Danach ergeht im Betragsverfahren nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Der Streitwert wird auf 25.000,000 EUR festgesetzt.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.136,20 EUR |
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(Wert: 25.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
1.048,80 EUR |
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(Wert: 25.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
418,95 EUR |
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Gesamt |
2.623,95 EUR |
Es handelt sich um eine Angelegenheit, sodass für das Betragsverfahren keine gesonderten Gebühren und Auslagen entstehen.
2. Berufungsverfahren
Bereits gegen das Grundurteil kann Berufung eingelegt werden, da es in dieser Hinsicht einem Endurteil gleichsteht (§ 304 Abs. 2 ZPO). Im Verhältnis zum erstinstanzlichen Verfahren handelt es sich selbstverständlich um eine eigenständige Angelegenheit (§ 17 Nr. 1 RVG).
Auch wenn sowohl zunächst gegen das Grundurteil und später auch gegen das Endurteil Berufung eingelegt wird, handelt es sich bei den beiden Rechtsmittelverfahren untereinander um verschiedene Angelegenheiten. Gebühren und Auslagen entstehen gesondert. Eine Anrechnungsregelung besteht nicht.
Beispiel 2
Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil. Gegen dieses Urteil wird vollumfänglich Berufung eingelegt. Diese wird nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen, das Grundurteil also bestätigt. Danach findet vor dem Ausgangsgericht das Betragsverfahren statt. Hier ergeht nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Auch gegen dieses Urteil wird Berufung eingelegt, über die nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden wird. Der Streitwert wird in der ersten Instanz sowie in beiden Berufungsverfahren jeweils 25.000,00 EUR festgesetzt.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
I. |
Erstinstanzliches Verfahren |
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.136,20 EUR |
|
(Wert: 25.000,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
1.048,80 EUR |
|
(Wert: 25.000,00 EUR) |
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
418,95 EUR |
|
Gesamt |
2.623,95 EUR |
II. |
Berufung gegen Grundurteil |
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1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.398,40 EUR |
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(Wert: 25.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
1.048,80 EUR |
|
(Wert: 25.000,00 EUR) |
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
468,77 EUR |
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Gesamt |
2.935,97 EUR |
III. |
Berufung gegen Endurteil |
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1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.398,40 EUR |
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(Wert: 25.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 320... |