Die Entscheidung des LAG "umschifft" die die Beschäftigung mit dem unter III. wiedergegebenen Streit. Mit Zulassung des elektronischen Rechtsverkehrs wird diese Frage immer häufiger auftreten und sich sogar in anderen Rechtsgebieten – wie etwa der Beratungshilfe – stellen. Bedauerlich ist es folglich, dass das LAG diese Frage explizit nicht entschieden hat, sich stattdessen auf das weitergehende Recht der Gerichte berufen hat, wonach stets zur Glaubhaftmachung weitere Auflagen – wie die Vorlage von Originalen – gefordert werden können.
Seit dem 1.1.2018 können alle Kommunikationspartner der Justiz ihre Schriftsätze elektronisch einreichen. Zulässig ist der elektronische Versand durch die dafür vorgesehenen Kommunikationsmittel. Wichtig dabei ist, dass ein elektronisch eingereichtes Dokument dann entweder eine qualifizierte Signatur nach dem Signaturgesetz (§ 2 Nr. 3 SigG, § 130a Abs. 3 1. Hs. ZPO) enthält, oder aber einer der in § 130a Abs. 4 ZPO genannten sicheren Übermittlungswege gegeben ist. Es wäre dem System entgegenlaufend, wenn nun die Gerichte "stets" weiterhin Originale fordern würden. Nicht nur, dass dann Anträge "doppelt" eingehen, die bürokratischen Hürden würden zudem erhöht statt Bürokratie abgebaut. Will man den elektronischen Rechtsverkehr, die Digitalisierung der Verwaltung, dann sollte man dies auch in Zukunft ohne entsprechende Medienbrüche umsetzen. Dazu gehört auch, dass notwendig werdende Erklärungen digital eingereicht werden können, die Erklärenden aber auch für diese haften. Die Einreichung über das Anwaltsbüro (Scan der Erklärungen des Mandanten) sollte schon des besonderen Berufstandes der Anwaltschaft wegen zugelassen werden (mit entsprechender Zusatzerklärung/Versicherung des Anwaltes). Die Authentizität eines Originals dürfte dabei i.Ü. kaum höher sein. Wird der Rechtsanwalt aufgesucht und um BerH oder PKH/VKH nachgesucht, ist ein entsprechendes Formular auszufüllen. Dabei sieht das Gesetz nicht vor, dass dies "vor dem Anwalt" zu erfolgen hat. Die Unterschrift kann also genauso gut an einem anderen Ort vorgenommen worden sein. Auch hier lässt sich die Echtheit der Unterschrift kaum nachprüfen. Die Übermittlung über das Anwaltsbüro – egal in welcher Form – dürfte folglich mit der besonderen Prüf- und Standespflicht des Rechtsanwaltes über den elektronischen Weg genauso transparent wie das Original sein. Nur in Zweifelsfällen sollte daher auf das Original bestanden werden, wozu die Gerichte aber freilich weiter berechtigt bleiben sollten. Letztlich wird die voranschreitende Digitalisierung dieses Problem irgendwann von selbst lösen – es scheint jedoch, dass diese Zukunft bislang noch nicht in allen Köpfen angekommen ist.
Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 11/2021, S. 520 - 521