1. Keine Einigungsgebühr
Eine Einigungsgebühr ist aus dem Wert der Ehesache nicht angefallen. Insoweit wird auf OLG München (AGS 2018, 265 = RVGreport 2017, 379) Bezug genommen. Der dortige Leitsatz zu Nr. 2 lautet:
Ist das Bestehen eines Rechtsverhältnisses sowie das Recht keiner Partei zur Änderung dieses Rechtsverhältnisses unstreitig und einigen die Parteien sich jedoch auch auf eine Modifizierung oder Beendigung des Rechtsverhältnisses, so entsteht mangels Streits keine Einigungsgebühr.
Genau ein solcher Fall lag hier vor.
Es war zwischen den Parteien unstreitig, dass eine Zugewinngemeinschaft bestand. Es war zwischen den Parteien auch unstreitig, dass keiner der Eheleute die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen konnte. Die Anspruchsvoraussetzungen finden sich in § 1386 BGB und waren hier unstreitig nicht erfüllt.
Damit stand also das Rechtsverhältnis, die Zugewinngemeinschaft, unstreitig und zweifelsfrei fest. Es war ebenso unstreitig, dass keiner der Ehegatten von dem anderen einen Zugewinnausgleich verlangen konnte, da ein Zugewinnausgleich erst verlangt werden kann, wenn die Zugewinngemeinschaft beendet ist, sei es durch Tod, Scheidung oder einvernehmliche Aufhebung (§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Keine dieser Voraussetzungen war aber bis dato erfüllt.
Es war vielmehr so, dass man einvernehmlich, also in völliger Einigkeit die Zugewinngemeinschaft aufgehoben hat, um dann den sich daraus zukünftig ergebenden Ausgleichsanspruch zu regeln. Ein solcher Vorgang beinhaltet keine Einigung, weil – wie bereits ausgeführt – kein Streit und keine Ungewissheit bestand. Es verhält sich hier nicht anders als bei jedem anderen x-beliebigen Vertragsabschluss. Der Abschluss eines Vertrages allein löst keine Einigungsgebühr aus.
Dass man ggf. über die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs verhandelt hat, mag sein. Ein rechtlicher Anspruch bestand aber auf den Zugewinnausgleichsanspruch zu diesem Zeitpunkt aber nicht, da die Zugewinngemeinschaft noch gar nicht aufgehoben war (s. auch Bischoff/Jungbauer, RVG, 9. Aufl., 2021, Nr. 1000 VV Rn 56 ff.)
Eine vergleichbare Rechtslage ergibt sich z.B. in Mietsachen, wenn es bei unstreitig bestehendem Mietverhältnis zu einer Mietaufhebungsvereinbarung kommt. Auch in diesem Fall wird keine Einigungsgebühr ausgelöst (damals noch Vergleichsgebühr), da es an einem streitigen Rechtsverhältnis fehlt.
Hat es vor Abschluss der Mietaufhebungsvereinbarung einen aktuellen Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis nicht gegeben, sodass die Mietaufhebungsvereinbarung keinen Vergleich i.S.d. § 779 BGB darstellt, steht dem Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO nicht zu.
LG Köln, Urt. v. 7.8.2001 – 12 S 56/01
2. Gegenstandswert
Die Klägerin hatte für die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft einen Gegenstandswert nach § 100 Abs. 1 GNotKG abgerechnet und dabei das beiderseitige Vermögen der Eheleute angesetzt. Dieser Ansatz ist m. E. unzutreffend.
Zunächst einmal bestand kein gesonderter Auftrag, einen Ehevertrag zu entwerfen und an dessen Abschluss mitzuwirken. Der Auftrag ging vielmehr dahin, den Zugewinnausgleich zu regeln.
Insoweit ist zum Verständnis Folgendes auszuführen:
Ein Zugewinnausgleichsanspruch entsteht mit Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1373 Abs. 3 S. 1 BGB), die wiederum nur in vier Fällen in Betracht kommt, nämlich
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bei Tod eines Ehegatten (§ 1371 BGB) |
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bei Rechtskraft der Scheidung (§ 1374 BGB) |
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kraft rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung (§§ 1365, 1366 BGB) |
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bei Aufhebung der Zugewinngemeinschaft kraft Ehevertrags (§ 1372 BGB). |
Da zum Zeitpunkt der Vereinbarung beide Ehegatten noch lebten, war folglich der Zugewinnausgleichsanspruch nach der ersten Variante nicht entstanden.
Unstreitig wollten sich die Parteien auch nicht scheiden lassen, sondern weiterhin – wenn auch getrennt – als verheiratete Eheleute weiterleben. Folglich schied auch die zweite Variante aus, unter der der Zugewinnausgleichsanspruch hätte entstehen können.
Auch bestand kein Anspruch nach § 1366 BGB, sodass auch die dritte Variante ausschied.
Es blieb daher nur die letzte Variante, nämlich im Rahmen der Zugewinnausgleichsregelung inzidenter die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft herbeizuführen, damit der Zugewinnausgleichsanspruch entstehe. Diese Regelung zur Aufhebung der Zugewinngemeinschaft war daher lediglich Durchgangsstation oder "Mittel zum Zweck". Sie diente alleine dazu, den Zugewinnausgleichsanspruch entstehen zu lassen, um ihn dann der Höhe nach regeln zu können. Nur das war hier beabsichtigt. Es bestand i.Ü. auch kein Interesse daran, hier einen gesonderten Ehevertrag zu schließen.
Zwar kann auch während der Zugewinngemeinschaft eine Regelung über den Zugewinnausgleich getroffen werden. Diese Regelung ist dann aber nur unter der Bedingung möglich, dass die Rechtskraft der Scheidung eintritt (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB). Einen solchen bedingten Vergleich wollten die Eheleute aber nicht, weil sie sich ja – wie bereits ausgeführt – nicht scheiden lassen wollten.
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