Da ist mal wieder eine Entscheidung, die zu Kopfschütteln führt. Man fragt sich nämlich mal wieder, ob eigentlich die Vertreter der Landeskasse nichts anderes zu tun haben, als sich wegen solcher Beträge mit Verteidigern zu streiten. Und ein Amtsrichter springt dann noch auf den Zug auf und verfasst einen langen Beschluss. Und das Ganze dann auch noch so, dass noch nicht einmal innerhalb eines Gerichts eine einheitliche Auffassung besteht (s. die oben zitierte Entscheidung des AG Köln und auch noch AG Köln, Beschl. v. 13.3.2024 – 651 Ds 256/23, das die Aktenversendungspauschale als erstattungsfähig angesehen hat.). I.Ü. erwähnt der Amtsrichter mit keinem Wort den VerfGH Berlin, Beschl. v. 18.5.2022 – 91/21 (StraFo 2023, 27 = AGS 2022, 557 = StRR 12/2022, 33 = VRR 2/2023, 27). Der VerfGH hat in dem Beschluss die Nichterstattung der Aktenversendungspauschale mit der Begründung, es handle sich um eine Serviceleistung des Gerichts – was in etwa der Begründung des AG entspricht –, als willkürlich angesehen. Die einzige andere Möglichkeit, Akteneinsicht zu erlangen, sei nämlich eine Einsichtnahme in den Räumen der Ermittlungsbehörden, was aber eine deutlich zeit- und kostenaufwändigere Alternative darstelle. Daher ist auch dem ortsansässigen Rechtsanwalt/Verteidiger die Aktenversendungspauschale als Aufwendung zu erstatten. Und das ist zutreffend. Denn wenn das Gesetz in § 32 f Abs. 2 S. 3 StPO dem Verteidiger/Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffnet, die Übersendung der Akten zu beantragen, was dann i.d.R. erfolgen muss, dann ist die dadurch von der Staatskasse verlangte Aktenversendungspauschale eine Aufwendung, die der Verteidiger/Rechtsanwalt im Interesse des vertretenen Mandanten erbracht habe und deren Erstattung er verlangen könne.
Etwas anderes folgt m.E. nicht auch aus der vom AG angeführten Entscheidung des OVG Münster (Beschl. v. 19.1.2024 – 10 E 780/23, AGS 2024, 126). Denn da ging es nicht um die Frage der Erstattung, sondern um die Frage, wer Kostenschuldner ist. Und das ist eben der Rechtsanwalt/Verteidiger, der die Versendung beantragt hat, der dann aber ggf. Kosten von seinem Mandanten erstattet verlangen kann (vgl. dazu auch Burhoff/Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl., 2024, Rn 257 ff., jeweils m.w.N. aus der Rspr.).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 11/2024, S. 511 - 512