1. Gesetzliche Grundlage
Gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Für die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts bestimmt § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO, dass diese in allen Prozessen zu erstatten sind. Das BAG hat darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift somit eine Ausnahme zu § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bildet, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grds. gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbinde (so auch BAG AGS 2024, 69 [Hansens] = JurBüro 2024, 95).
2. Missbrauchsverbot
Auch die Anwendung des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO unterliegt nach den weiteren Ausführungen des BAG dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot. Somit treffe nach diesem Grundsatz jede Partei die Verpflichtung, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen möchte, so niedrig wie möglich zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lasse. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann nach den weiteren Ausführungen des BAG dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Kosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind. Dabei müssen jedoch gesetzlich eingeräumte Wahlmöglichkeiten unberührt bleiben (BAG AGS 2024, 69 [Hansens] = JurBüro 2024, 95; BAG AGS 2016, 98 = RVGreport 2016, 109 [Hansens]).
3. Gesetzliche Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig
Aus § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO folgt nach Auffassung des BAG, dass die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines beauftragten Rechtsanwalts unabhängig von den konkreten Umständen stets als zweckentsprechend verursachte Kosten anzusehen sind. Dies habe zur Folge, dass sich eine Partei im Rechtsstreit anwaltlicher Hilfe bedienen kann, ohne Kostennachteile befürchten zu müssen. Folglich sei im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO grds. nicht zu prüfen, ob die Partei für das Verfahren einen Rechtsanwalt beauftragen durfte und dies objektiv notwendig war. Hierbei gilt nach den weiteren Ausführungen des BAG als Prüfungsmaßstab, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei in der konkreten prozessualen Situation ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragt hätte (BAG AGS 2024, 69 [Hansens] = JurBüro 2024, 95; BAG AGS 2016, 98 = RVGreport 2016, 109 [Hansens]). Dies ist nach Auffassung des BAG für ein Rechtsmittelverfahren grds. zu bejahen. Somit könne die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ausnahmsweise nur dann nicht als zweckentsprechend angesehen werden, wenn sie offensichtlich nutzlos gewesen sei (BAG AGS 2024, 69 [Hansens] = JurBüro 2024, 95). Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen.
4. Anwendbarkeit im Arbeitsgerichtsverfahren
Das BAG hat darauf hingewiesen, dass die vorstehend wiedergegebenen Grundsätze ebenso für die Rechtsmittelverfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit anwendbar sind. Die Regelung in § 91 ZPO gelte nämlich im Berufungs- und Revisionsrechtszug uneingeschränkt, da es insoweit an einer Bezugnahme in § 64 Abs. 7 und § 72 Abs. 6 ArbGG auf den in § 12a ArbGG geregelten Ausschluss der Kostenerstattung fehle.
5. Einschaltung eines Verbandsvertreters
Dies hat nach den weiteren Ausführungen des BAG zur Folge, dass der obsiegenden Partei im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren die Anwaltskosten auch dann zu erstatten sind, wenn eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern i.S.v. § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 und 5 ArbGG, die im ersten Rechtszug mit der Vertretung beauftragt war, bereit gewesen wäre, die Vertretung auch im Rechtsmittelverfahren unentgeltlich zu übernehmen. Nur wenn ein Verbandsvertreter das gerichtliche Verfahren in einer ersten Instanz bereits betrieben habe, sei zu prüfen, ob die nachträgliche Mandatierung eines Rechtsanwalts in der konkreten Prozesssituation und angesichts des bereits erfolgten Prozessfortschritts noch zweckentsprechend und damit nicht nutzlos war (BAG AGS 2016, 98 = RVGreport 2016, 109 [Hansens]).
6. Die Umstände im Fall des BAG
In Anwendung dieser Grundsätze hat das BAG hier die Beauftragung eines Rechtsanwalts im Berufungsverfahren als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen. Zwar sei die Mandatierung des Anwalts erst nach Eingang der Berufungsbegründung und Berufungserwiderung beim LAG Hamm sowie nach der Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, indem neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gem. § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG nur noch unter eingeschränkten Voraussetzungen vorgebracht werden konnten. Hieraus folge jedoch nicht, dass die nachträgliche Mandatierung nicht als zweckentsprechend anzusehen sei. Das BAG hat darauf hingewiesen, dass der Kläger seinen R...