1. Hinweispflicht
Soweit bei Mandatsannahme erkennbar ist, dass eine außergerichtliche Tätigkeit ersichtlich aussichtslos ist, muss der Anwalt darüber beraten und den Mandanten auf das Kostenrisiko hinweisen.
Dass der Mandant rechtsschutzversichert ist, ist insoweit unerheblich, abgesehen davon, dass der Rechtsschutzversicherer insoweit fehlende Erfolgsaussicht und fehlende Notwendigkeit einwenden kann.
2. Berechnung des Schadens
Allerdings ist die Schadensberechnung unzutreffend.
Abgerechnet hatte der Anwalt eine 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) aus dem Gegenstandswert von 21.940,00 EUR nebst Auslagen und Umsatzsteuer (16%) wie folgt:
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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964,60 EUR |
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(Wert: 21.940,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
984,60 EUR |
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3. |
16% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
157,54 EUR |
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Gesamt |
|
1.142,14 EUR |
Abzuziehen war die Selbstbeteiligung i.H.v. 150,00 EUR, sodass der Rechtsschutzversicherer auf die vorgerichtlichen Kosten insgesamt gezahlt hatte:
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
964,60 EUR |
|
(Wert: 21.940,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
984,60 EUR |
|
3. |
16% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
157,54 EUR |
|
Summe |
|
1.142,14 EUR |
|
abzgl. Selbstbeteiligung |
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– 150,00 EUR |
|
Gesamt |
|
992,14 EUR |
Im Nachgang war der Rechtsschutzversicherer der Auffassung, dass die Geschäftsgebühr nicht verlangt werden könne. Der Anwalt hätte nur eine Beratung abrechnen dürfen, und zwar wie folgt:
1. |
Erstberatung, § 34 Abs. 1 RVG |
190,00 EUR |
2. |
19% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
36,10 EUR |
|
Summe |
226,10 EUR |
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abzgl. Selbstbeteiligung |
– 150,00 EUR |
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Gesamt |
76,10 EUR |
Die Differenz i.H.v.
|
992,14 EUR |
|
– 76,10 EUR |
|
916,04 EUR |
sei nunmehr zurückzuzahlen.
Das AG hat entsprechend entschieden.
Diese Berechnung war aber in zweierlei Hinsicht falsch.
Soweit die Klägerin dem Beklagten das fiktive Beratungshonorar für das Abraten zugestanden hat, war dies unzutreffend, da dieses Beratungshonorar gem. § 34 Abs. 2 RVG im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren anzurechnen gewesen und damit faktisch wieder entfallen wäre.
Andererseits hätte als Schaden nur die hälftige Geschäftsgebühr geltend gemacht werden dürfen. Unstreitig war die Klägerin zur Zahlung der Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren verpflichtet und hat diese offenbar ja auch gezahlt. Infolge der Zahlung der Geschäftsgebühr hatte diese sich aber um den Anrechnungsbetrag nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV verringert, und zwar wie folgt.
1. |
1,3-Verfahrenssgebühr, Nr. 3100 VV |
964,60 EUR |
|
(Wert: 21.940,00 EUR) |
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
– 482,30 EUR |
|
0,65 aus 21.940,00 EUR |
|
Geht man davon aus, dass die Klägerin die Geschäftsgebühr nicht hätte zahlen müssen, dann hätte sie sich aber auch nicht auf die Anrechnung im gerichtlichen Verfahren berufen können. Dies wäre nämlich im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen gewesen (s. hierzu AG München AGS 2011, 414 = RVGreport 2011, 318).
Die richtige Berechnung der Zuvielzahlung hätte also wie folgt aussehen müssen:
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
964,60 EUR |
|
(Wert: 21.940,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
3. |
Vorteilsausgleich infolge unterbliebener Anrechnung |
|
– 482,30 EUR |
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Zwischensumme |
502,30 EUR |
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4. |
16% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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80,37 EUR |
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Gesamt |
|
582,67 EUR |
Anders ausgedrückt: Zuviel gezahlt hat die Klägerin nur eine hälftige Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
1. |
0,65-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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482,30 EUR |
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(Wert: 21.940,00 EUR) |
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|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
502,30 EUR |
|
3. |
16% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
80,37 EUR |
|
Gesamt |
|
582,66 EUR |
Die Selbstbeteiligung spielt hier keine Rolle, da diese ja bei zutreffender Abrechnung im gerichtlichen Verfahren anzurechnen gewesen wäre.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 11/2024, S. 521 - 523