ZPO § 91 RVG VV Nr. 7001, Vorbem. 7 Abs. 1
Leitsatz
Der Antragsgegner, der in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit im Hinblick auf den sog. fliegenden Gerichtsstand Schutzschriften bei allen deutschen Landgerichten eingereicht hat, kann eine prozessuale Kostenerstattung nur hinsichtlich derjenigen Kosten verlangen, die durch die Einreichung der Schutzschrift bei dem Gericht angefallen sind, bei dem später der Verfügungsantrag eingegangen ist.
OLG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2013 – 4 W 100/13
1 Sachverhalt
Nach Rücknahme ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte das LG der Antragstellerin die Kosten des Verfügungsverfahrens auferlegt. Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag haben die Antragsgegner neben einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr auch Kosten für die Einreichung einer Schutzschrift beim LG Hamburg sowie für weitere Schutzschriften bei insgesamt 117 anderen Deutschen Landgerichten geltend gemacht. Dabei handelte es sich um Kosten für Fotokopien, Verpackungen, Kurier und Porto i.H.v. insgesamt 2.477,75 EUR. Die Antragsgegner haben sich zur Begründung darauf berufen, dass sie, nachdem sie die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt hätten, wegen des bestehenden sog. fliegenden Gerichtsstands in der wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit nicht wissen konnten, bei welchem LG die Antragstellerin den Verfügungsantrag einreichen werde.
Gegen den antragsgemäß erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde teilweise abgeholfen und sie im Übrigen dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. In der Begründung dieser Entscheidung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, die Kosten für die Einreichung von Schutzschriften seien nur i.H.v. 1.616,20 EUR erstattungsfähig, nämlich die Kosten für die Hinterlegung von Schutzschriften bei 74 Landgerichten und im zentralen Schutzschriftenregister. 44 Landgerichte hätten sich verpflichtet, beim Eingang eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Einsicht in das zentrale Schutzschriftenregister zu nehmen. Hinsichtlich dieser 44 Gerichte hätte es ausgereicht, wenn die Antragsgegner die Schutzschrift beim Zentralen Schutzschriftenregister eingereicht hätten.
2 Aus den Gründen
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ganz überwiegend begründet. Erstattungsfähig ist neben der zutreffend festgesetzten 1,3-Verfahrensgebühr und der 1,2-Terminsgebühr – beides mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen – nur eine Postpauschale i.H.v. 20,00 EUR.
Ein Anspruch der Antragsgegner auf Erstattung der Kosten für die Einreichung von Schutzschriften besteht nicht. Die für Eilverfahren in Wettbewerbssachen entwickelte Schutzschrift wird vorprozessual zur Abwehr eines befürchteten Verfügungsantrags oder unmittelbar nach Eingang des Verfügungsantrags bei Gericht eingereicht. Sie soll dem Gericht des Eilverfahrens Kenntnisse verschaffen und es davon abhalten, eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rn 13 Schutzschrift“). Die Kosten der Schutzschrift sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn die Schutzschrift beim Gericht des einstweiligen Verfügungsverfahrens eingegangen ist und eine Kostenentscheidung gegen den Antragsteller ergeht. Voraussetzung ist mithin, dass es zu einem Prozessrechtsverhältnis der Parteien kommt, das schließlich die Grundlage des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs bildet (OLG Düsseldorf JurBüro 2000, 423; OLG Rostock NJW-RR 2011, 575; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 55, Rn 55; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 91 Rn 192; Münchener Kommentar-Schulz, ZPO, 4. Aufl., § § 103 Rn 8). Ein Prozessrechtsverhältnis ist hier nur beim LG Hamburg entstanden, bei dem die Antragstellerin den Verfügungsantrag eingereicht hat. Bei allen anderen 117 Landgerichten ist kein Prozessrechtsverhältnis begründet worden, so dass im Hinblick auf die durch die dortige Einreichung von Schutzschriften entstandenen Kosten kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch der Antragsgegner besteht. Eine Einbeziehung dieser Kosten in die Kosten des beim LG Hamburg geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens kommt daher nicht in Betracht, sondern allenfalls eine Erstattung nach Maßgabe eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, über den im Kostenfestsetzungsverfahren jedoch nicht zu befinden ist.
Die Kosten der Herstellung (Papier und Verpackung) der beim LG Hamburg eingereichten Schutzschrift sind trotz Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses ebenfalls nicht erstattungsfähig. Gemäß Vorbem. 7 Abs. 1 RVG werden mit den Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts abgegolten. Dies betrifft auch die hier streitigen Kosten für die Anfertigung des Schriftsatzes (Schutzschrift) an das LG Hamburg.
Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe den Pauschalbetrag von 20,00 EUR übersteigende Kosten für die Übersendung der Schutzschrift an das LG Hamburg angefallen un...