Leitsatz
Der Wert eines Verfahrens auf vorzeitigen Zugewinnausgleich ist auf ein Viertel des zu erwartenden Zugewinns festzusetzen.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.8.2014 – 5 WF 105/14
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte beantragt, den Zugewinn der Beteiligten vorzeitig auszugleichen. Für den Fall des Obsiegens beantragte sie weiter, den Antragsgegner zur Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu verpflichten, die Vollständigkeit und Richtigkeit des Vermögensverzeichnisses an Eides Statt zu versichern und einen noch zu beziffernden vorzeitigen Zugewinnausgleich zu zahlen. Den von ihr erwarteten Zugewinnausgleichsanspruch schätzte sie zu Beginn des Verfahrens auf 278.875,00 EUR. Bevor eine Entscheidung in der Sache erging, nahm die Antragstellerin ihren Antrag zurück.
Das FamG setzte unter Bezugnahme auf § 42 Abs. 3 FamGKG den Verfahrenswert auf 5.000,00 EUR fest.
Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer als einer der früheren Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit seiner Beschwerde, mit der er begehrt, den Verfahrenswert auf 1/4 der von der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift angegebenen Zugewinnausgleichsforderung, mithin auf 69.718,75 EUR, festzusetzen.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
a) Maßgeblich für die Verfahrenswertberechnung ist allein der Antrag der Antragstellerin auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach § 1386 BGB (Antrag Nr. 1 des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes). Die weiteren Anträge auf Durchführung des vorzeitigen Zugewinnausgleichs nach § 1385 BGB im Wege des Stufenantrages wirken sich nach § 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG nicht verfahrenswerterhöhend aus, da sie lediglich hilfsweise gestellt wurden und eine Entscheidung über sie nicht ergangen ist.
b) Der Wert des Antrages auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft wird gem. §§ 40, 42 Abs. 1 FamGKG auf 1/4 der von der Antragstellerin bei Verfahrenseinleitung erwarteten Forderung wegen vorzeitigen Zugewinnausgleichs festgesetzt.
aa) Nach § 42 Abs. 1 FamGKG ist der Verfahrenswert einer vermögensrechtlichen Angelegenheit, der nicht feststeht und auch nicht anderweitig gesetzlich geregelt ist, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei das Interesse der Antragstellerin an der vorzeitigen Auflösung der Zugewinngemeinschaft (vgl. BGH v. 29.11.1972 – IV ZR 107/72, FamRZ 1973, 133).
bb) Dieses Interesse ist vorliegend mit 1/4 des von der Antragstellerin bei Verfahrenseinleitung erwarteten Zugewinnausgleichsanspruchs zu bewerten.
Wird dem Antrag auf vorzeitige Auflösung der Zugewinngemeinschaft stattgegeben, tritt nach § 1388 BGB Gütertrennung ein. Er kann jetzt von dem anderen Ehegatten eine Forderung auf Zugewinnausgleich gegen diesen geltend machen (s. dazu auch BGH, a.a.O.). Hierin lag das vornehmliche Interesse der Antragstellerin an ihrem Antrag begründet, da sie nach ihrem Vorbringen befürchtete, diesen Anspruch zu einem späteren Zeitpunkt – nämlich nach rechtkräftiger Ehescheidung – nicht mehr realisieren zu können.
Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die (vorzeitige) Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nicht nur Vorteile für den ausgleichsberechtigten Ehegatten hat. Denn er nimmt danach am künftigen Zugewinn, den der andere Ehegatte erzielt, nicht mehr teil. Auch verliert er die erbrechtliche Bevorzugung, die ihm § 1371 BGB gewährt. Ebenso hat ein Erfolg des Antrages für den Antragsgegner nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile (hierzu BGH, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Verfahrenswert für einen Antrag auf vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft in der Regel auf ein Viertel festzusetzen (so BGH a.a.O.; vgl. im Grundsatz auch OLG Nürnberg v. 24.11.1997 – 7 WF 3549/97, FamRZ 1998, 685). Besondere Umstände, die vorliegend für eine andere Bewertung sprechen könnten, sind im vorliegenden Einzelfall weder dargetan noch ersichtlich.
cc) Der nach diesen Maßstäben entscheidende Wert der zu erwartenden Zugewinnausgleichsforderung ist mit 278.875,00 EUR in die Wertfestsetzung einzustellen.
Die Antragstellerin legte in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag schlüssig dar, dass sie davon ausgehe, dass aufseiten des Antragsgegners ein Zugewinn von 557.500,00 EUR zu erwarten sei, von der ihr die Hälfte zustehe. Soweit die Antragstellerin – anwaltlich nicht vertreten – diese Werte insofern in Frage stellt, als sie für die Wohnung in M. anstelle von 300.000,00 EUR einen Verkehrswert von 80.000,00 EUR annimmt und den Wert der Softwarefirma anzweifelt, vermag dies keine ausreichenden Zweifel an der ursprünglich erklärten Erwartung zur Höhe der ihr zustehenden Forderung zu begründen. Mit Beschl. v. 20.11.2013 wurde der Verfahrenswert noch auf der Basis der Angaben im verfahrenseinleitenden Antrag vorläufig auf 69.718,75 EUR festgesetzt. Aus diesem Wert zahlte sie am 25.11.2013 den Verfahrenskostenvorschuss ein. Erst nachdem das Mandat zu ihrem zweiten Verfahrensbevollmächtigten beendet worden war, zweifelte sie mit Schreiben vom 15.4.2014 die angegebenen Werte an. Vor diesem Hintergru...