Leitsatz
- Verfolgt der Antragsteller in einem Abänderungsverfahren das Begehren, den Antragsgegner zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts zu verpflichten, nachdem dieser vor Verfahrenseinleitung bereits eine Jugendamtsurkunde in statischer Form über den aktuell geschuldeten Unterhaltsbetrag hat errichten lassen, richtet sich der Verfahrenswert nach dem Interesse des Antragstellers, anstelle eines statischen über einen dynamischen Titel zu verfügen, und nicht nach dem vollen Wert des dynamischen Titels.
- Der Verfahrenswert kann in einem solchen Fall auf 15 % der in zwölf Monaten ab Antragseinreichung anfallenden Unterhaltsbeträge geschätzt werden.
OLG Hamm, Beschl. v. 17.10.2014 – II-2 WF 184/14
1 Sachverhalt
Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute, aus deren Ehe zwei Töchter hervorgegangen sind. Auf die vorprozessuale Aufforderung, für beide Kinder Unterhaltstitel in dynamischer Form über jeweils 100 % des Mindestunterhalts nach der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle erstellen zu lassen, verpflichtete sich der Antragsgegner durch statische Jugendamtsurkunden, für seine Tochter N monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 272,00 EUR und für seine Tochter G monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 225,00 EUR zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren nahm die Antragstellerin den Antragsgegner daraufhin auf Zahlung von Kindesunterhalt für beide Töchter in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts nach der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle in Anspruch. Das AG hat den Antragsgegner in Abänderung der Jugendamtsurkunden antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt in dynamisierter Form verpflichtet.
Gleichzeitig hat das AG den Verfahrenswert auf ([12 x 272,00 EUR =] 3.264,00 EUR + [12 x 225,00 EUR =] 2.700,00 EUR =) 5.964,00 EUR festgesetzt. Bei der Umwandlung eines statischen in einen dynamischen Unterhaltstitel handele es sich um ein komplettes aliud, weshalb der Gegenstandswert wie bei einem erstmaligen Antrag auf Schaffung eines Titels über den Mindestunterhalt anzusetzen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners, mit der er begehrt, den Verfahrenswert auf allenfalls 10 % des vom AG festgesetzten Betrages, mithin 596,40 EUR, festzusetzen. Die vorprozessual erstellten Jugendamtsurkunden hätten sich bereits über exakt die Beträge verhalten, zu deren Zahlung er nunmehr in Abänderung der Urkunden durch das AG verpflichtet worden sei. Maßgeblich für die Wertfestsetzung sei daher lediglich das Interesse an der Dynamisierung der Titel, das mit 10 % des zu zahlenden Unterhalts zu bewerten sei.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Dresden v. 3.1.2011 (20 WF 1189/10).
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde ist im Wesentlichen begründet.
Bereits vor Einleitung des Verfahrens hatte der Antragsgegner statische Unterhaltstitel errichten lassen, die sich über die Beträge verhielten, die von der Antragstellerin begehrt wurden und zu deren Zahlung er sodann in Abänderung der Jugendamtsurkunden durch den Beschluss des AG verpflichtet worden ist. Der Unterschied zwischen den Titeln besteht aktuell lediglich darin, dass es sich bei den Jugendamtsurkunden um statische Titel handelte, während der Beschluss des AG ein dynamischer Unterhaltstitel ist. Maßgeblich für die Bemessung des Verfahrenswertes ist daher, welches Interesse die Antragstellerin daran hatte, statt über statische über dynamische Titel zu verfügen. Der dynamische Titel bietet den Vorteil, dass sich die Antragstellerin bei Änderungen in der Düsseldorfer Tabelle und bei einem Altersstufenwechsel der Kinder nicht um die Anpassung des Titels bemühen muss. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält der Senat es für angemessen, den Wert des Verfahrens auf 15 % der in 12 Monaten nach Antragseinreichung (vgl. § 51 Abs. 1 FamGKG) anfallenden Unterhaltsbeträge, mithin auf (gerundet) 895,00 EUR zu bemessen. Die vom AG vertretene Ansicht, es sei der volle Wert der Leistungen zugrunde zu legen, verkennt, dass die Antragstellerin mit den Jugendamtsurkunden bei Verfahrenseinleitung bereits Titel in Händen hielt, aus denen sie die Vollstreckung hätte betreiben können. Soweit der von der Antragstellerin angeführte Beschluss des OLG Dresden vom 3.1.2011 (20 WF 1189/10) in seinen Ausführungen zum Verfahrenswert eine abweichende Ansicht vertritt, folgt der Senat dem aus den vorgenannten Gründen nicht.
AGS 1/2015, S. 40 - 41