Die Beschwerde des Pflichtverteidigers ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 3 RVG zulässig und zum Teil begründet.
Der Senat folgt der Auffassung des OLG München (Beschl. v. 23.10.2008 – 4 Ws 140/08; Beschl. v. 27.2.2014 – 4c Ws 2/14) und des OLG Bamberg (Beschl. v. 21.12.2010 – 1 Ws 700/10), dass sich der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Verteidigers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger beigeordnet worden ist, nicht auf die Terminsgebühren beschränkt, sondern alle durch die anwaltliche Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 VV umfasst (vgl. auch Burhoff, RVG 3. Aufl. Nr. 4100 VV Rn 8 ff).
Dem für die Dauer eines Hauptverhandlungstermins beigeordneten weiteren Verteidiger ist für den in der Beiordnung bezeichneten Verfahrensabschnitt die Verteidigung des Angeklagten ohne jede inhaltliche Beschränkung übertragen. Eine Beiordnung lediglich als Vertreter des bereits beauftragten Verteidigers – gleich ob dieser Pflicht- oder Wahlverteidiger ist – kennt die StPO nicht. Durch die Beiordnung als Verteidiger für einen Terminstag anstelle des verhinderten Verteidigers wird vielmehr ein eigenständiges, öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer der Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Da der wegen der Abwesenheit des verhinderten Verteidigers für einen Hauptverhandlungstermin beigeordnete Verteidiger umfassend mit der Wahrnehmung der Verteidigerrechte und -pflichten betraut war, kommt – unbeschadet der zeitlichen Begrenzung der Beiordnung – eine gebührenrechtliche Einstufung der in der Hauptverhandlung entfalteten Tätigkeit als Einzeltätigkeit i.S.d. Teils 4 Abschnitt 3 VV nicht in Betracht. Die Vergütung beurteilt sich vielmehr nach den für den Verteidiger geltenden Bestimmungen in Teil 4 Abschnitt 1 VV und bemisst sich im Einzelfall nach den durch die anwaltliche Tätigkeit konkret verwirklichten Gebührentatbeständen (vgl. OLG München a.a.O.), deren Voraussetzungen der Antragsteller substantiiert vortragen muss.
Dabei ist vorliegend nur die Grundgebühr gem. Nr. 4100 VV angefallen, da mit dieser die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall vergütet wird, ohne dass es darauf ankommt, in welchem Verfahrensabschnitt dies stattfindet. Mit der Grundgebühr wird der erstmalige Arbeitsaufwand abgegolten, der mit der Übernahme des Mandats entsteht (Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., VV 4100 Rn 1).
Dagegen ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV, die gem. Teil 4, Vorbem. 4 Abs. 2 VV Vergütungsverzeichnisses für das Betreiben der Geschäfte einschließlich der Information entsteht, nicht angefallen. Eine in den Geltungsbereich der Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit hat der Pflichtverteidiger nicht entfaltet. Zwar wird mit der Verfahrensgebühr die Tätigkeit des Pflichtverteidigers im Strafverfahren des ersten Rechtszuges nach Abschluss des vorbereitenden Verfahrens abgegolten. Ausgenommen sind davon aber Tätigkeiten, für die besondere Gebühren vorgesehen sind, wie z.B. die Grundgebühr Nr. 4100 VV und die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung Nr. 4120 VV (OLG München, Beschl. v. 27.2.2014 – 4c Ws 2/14 m.w.Nachw.).
Vorliegend trägt der Pflichtverteidiger vor, sich mit der Übernahme des Mandats am 13.8.2014 in die Sach- und Rechtslage eingearbeitet, im Vorfeld zur Hauptverhandlung mit dem Wahlverteidiger den Akteninhalt nebst Zeugenaussagen besprochen und eine einheitliche Verteidigungsstrategie getroffen zu haben. Allerdings ergibt sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung, dass an diesem Tag keine Beweisaufnahme durchgeführt wurde, für die eine Einarbeitung in das bisherige Beweisergebnis oder ein Entwerfen einer Verteidigungsstrategie erforderlich gewesen wäre. Vielmehr hat sich die Tätigkeit des Pflichtverteidigers an diesem Hauptverhandlungstermin im Wesentlichen darauf beschränkt, einen bereits schriftlich ausformulierten und zu Protokoll genommenen Beweisantrag zu verlesen, der unter dem Bereich für die Unterschrift den Namen des Wahlverteidigers trägt und vom Pflichtverteidiger mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet wurde. In dem 50-minütigen Hauptverhandlungstermin, für den der Pflichtverteidiger abermals beigeordnet wurde, wurde lediglich eine Zeugin vernommen und der Pflichtverteidiger verlas einen als Anlage zum Protokoll genommenen weiteren Beweisantrag, der in der Kopfzeile auf S. 2 den Namen des Wahlverteidigers trägt. Der Pflichtverteidiger behauptet nicht, die verlesenen Beweisanträge selbst erstellt zu haben.
Bei dieser Sachlage reicht der Vortrag des Pflichtverteidigers, eine einheitliche Verteidigungsstrategie besprochen und damit das Geschäft mit Tätigkeiten betrieben zu haben, die nicht mit der Grundgebühr abgegoltenen werden, nicht aus. Sein Gespräch mit dem Wahlverteidiger ist vielmehr als Fortsetzung der ersten Informationsgewinnung anstelle eines nicht durchgeführten Mandantengespräch...