Leitsatz
- Für den Anspruch auf Herausgabe einer Leasingsache, der neben § 985 BGB auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 535, 546 BGB beruht, findet nicht § 41 Abs. 2 GKG, sondern § 6 ZPO Anwendung, wenn beide Parteien davon ausgehen, dass die Leasingsache während der Leasingzeit nicht an Wert verliert und beide Vertragsparteien an dem zu erwartenden Erlös beteiligt werden sollen.
- Zwischen dem auf Herausgabe eines Leasingfahrzeugs nach Vertragsbeendigung gerichteten Hauptantrag des Leasinggebers und dem auf Übereignung des Leasingfahrzeugs gerichteten Widerklageantrag des Leasingnehmers aus einer mündlichen Abrede besteht keine wirtschaftliche Identität, so dass eine Wertaddition stattfindet.
OLG München, Beschl. v. 18.6.2015 – 32 W 792/15
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Zahlung noch ausstehender Leasingraten für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2011 i.H.v. insgesamt 55.692,00 EUR und die Herausgabe des Fahrzeugs Ferrari, über das die Beklagte als Leasingnehmerin mit der Klägerin als Leasinggeberin zunächst einen Leasingvertrag für die Dauer von 30 Monaten und anschließend einen Folge-Leasingvertrag für die Dauer von weiteren 36 Monaten abgeschlossen hat. Im ersten Leasingvertrag waren für das Fahrzeug Anschaffungskosten von 2 Mio. EUR, im Anschlussvertrag 200.000,00 EUR, entsprechend dem Restwert aus der ersten Vereinbarung, angegeben.
Die Klägerin verlangt in der ersten Instanz neben der Zahlung der ausstehenden Raten die Herausgabe des Fahrzeugs, für das sie in der Klageschrift einen Mindestwert von 200.000,00 EUR ansetzt.
Die Beklagte hat vor dem LG Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zu verurteilen, den Ferrari an die Beklagte zu übereignen, hilfsweise, den Ferrari gegen Zahlung von 24.444,38 EUR an die Beklagte zu übereignen, hilfsweise, den Ferrari, gegen Zahlung von 162.792,00 EUR an die Beklagte zu übereignen und hilfsweise, für den Fall der Vertragsnichtigkeit,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Gesamtbetrag von 1.552.301,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen, |
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die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte einen Gesamtbetrag von 70.200,00 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. |
Das LG hat der Klage auf Zahlung der Restraten und Herausgabe des Fahrzeugs in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Den Streitwert des Verfahrens hat die Einzelrichterin auf 5.592.501,00 EUR festgesetzt. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Beklagten, hat das LG nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
Die befristete Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss ist zulässig (§§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 2 bis 6, 63 Abs. 3 S. 2 GKG) und hat auch in der Sache teilweisen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Für den geltend gemachten Klageanspruch, bestehend aus Zahlung und Herausgabe aus § 985 BGB, sei für den Wert der Sache ein Betrag in Höhe der Anschaffungskosten von 2 Mio. EUR anzusetzen, da der Ferrari nach Angaben der Klagepartei nicht an Wert verliere. Zu dem Klagebetrag von 2.055.692,00 EUR sei gem. § 45 Abs. 1 S. 1 u. 2 GKG der Wert der Widerklage auf Übereignung i.H.v. 2 Mio. EUR, sowie der Hilfswiderklage auf Zahlungen von 1.552.301,00 EUR bzw. 70.200,00 EUR hinzuzurechnen
2. Diese Entscheidung entspricht nicht ganz der Sach- und Rechtslage.
a) Für den Herausgabeanspruch, der neben § 985 BGB auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 535, 546 BGB i.V.m. Nr. XI. 1, XII. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Leasingvertrags beruht, findet nicht § 41 Abs. 2 GKG, sondern § 6 ZPO Anwendung (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16), so dass grundsätzlich der Wert des Fahrzeugs maßgeblich ist.
aa) Die Anwendung von § 41 Abs. 2 GKG auf den leasingvertraglichen Herausgabeanspruch ist umstritten. Dessen Regelungszweck liegt in erster Linie in der Vermeidung sozialer Härten (vgl. Hartmann, KostG, 45. Aufl., § 41 Rn 2), da der vermietete Gegenstand durch den gewährten Gebrauch in der Regel nur geringfügig, wenn überhaupt, an Wert verliert, dieser gewöhnlich außer Verhältnis zum vereinbarten Nutzwert steht und der Mieter an diesem Wert nicht teilhat.
bb) Für Leasingverträge, bei denen von einem hohen Wertverlust der Leasingsache während der vereinbarten Leasingzeit ausgegangen wird (z.B. Neuwagenleasing), gilt diese Überlegung nicht. Hier dürfte vielmehr auf den vereinbarten Restwert des Leasinggutes abzustellen sein.
cc) Bei dem vorliegenden Leasingvertrag gehen zwar beide Parteien davon aus, dass die Leasingsache bei der Weiterverwertung einen Preis erzielt, der zumindest im Bereich des zunächst angenommenen Wertes von 2 Mio. EUR liegt, also keineswegs an Wert verliert. Allerdings wird hier der Leasingnehmer nach Nr. XII. 1 a) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem hohen Prozentsatz an dem zu erwartenden Erlös beteiligt. Auch in diesem Fall ist daher nicht die Jahresnutzung, sondern nach § 6 ZPO der Wert des Leasinggegenstandes in Ansatz zu bringen.
Diesen hat das LG zutreffend mit 2 Mio. EUR angenommen.
b) Zu dem Wert der Klage von 2.055.692,00 EUR (§ 39 Abs. 1 GKG) ist gem. § 45 Abs. 1 S. 1 u. 2 GKG der Wert der Widerklage auf Ü...