Leitsatz
- Die Kosten einer Schutzschrift sind auch dann erstattungsfähig, wenn der Gläubiger des erwarteten Arrestantrags nicht namentlich bezeichnet ist. Es genügt, wenn eine Gruppe möglicher Gläubiger aufgrund der Angaben in der Schutzschrift hinreichend konkretisiert ist.
- Für die Erstattungsfähigkeit kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner von dem antragstellenden Gläubiger vor Einleitung des Gerichtsverfahrens in Anspruch genommen worden ist.
- Stellen mehrere Gläubiger aus der in der Schutzschrift bezeichneten Gruppe jeweils einen Arrestantrag gegen den Schuldner, bildet jedes dieser Verfahren eine eigene Angelegenheit und der Schuldner kann in jedem Verfahren für die Schutzschrift die Erstattung der angefallenen Verfahrensgebühren verlangen (hier: jeweils eine Verfahrensgebühr für zwei Schutzschriften beim LG und OLG).
OLG Hamburg, Beschl. v. 15.7.2015 – 8 W 64/13
1 Aus den Gründen
Das LG hat die beantragte 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und die beantragte 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV jeweils nebst Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, festgesetzt. Die dagegen mit der sofortigen Beschwerde vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.
Die Kosten einer Schutzschrift zur Verteidigung gegen einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird; dies gilt auch dann, wenn der Antrag nach Einreichung der Schutzschrift abgelehnt oder zurückgenommen wird (BGH, Beschl. v. 5.11.2008 – I ZB 16/08, m.w.N.).
Die übermittelte Schutzschrift war ausreichend. Entgegen der Ansicht der Antragsteller enthält die Schutzschrift hinreichenden bzw. konkreten Sachvortrag.
Zwar wurde die Schutzschrift v. 19.12.2012 beim LG für den Fall eingereicht, "dass Gläubiger der insolventen P. & Z. Aktiengesellschaft (nachfolgend auch als "Gesellschaft” bezeichnet) wegen des nachstehend wiedergegebenen Sachverhalts (gegebenenfalls in Vielzahl) Anträge in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere Anträge auf Erlass eines Arrestbefehls, stellen sollten”. Auch wurde die Schutzschrift v. 10.1.2013 beim OLG für den Fall eingereicht, "dass Gläubiger der insolventen P. & Z. Aktiengesellschaft (nachfolgend auch als "Gesellschaft” bezeichnet) gegebenenfalls in Vielzahl Anträge in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere Anträge auf Erlass eines Arrestbefehls, beim LG stellen sollten und diese dem OLG wegen nicht abgeholfener sofortiger Beschwerden durch das LG zur Entscheidung vorgelegt werden sollten”. Der hier konkret betroffene Gläubiger wurde folglich nicht namentlich benannt. Das schadet jedoch nicht. Denn die Gläubigergruppe ist entgegen der Ansicht der Antragsteller in der Schutzschrift v. 19.12.2012 ausreichend dahingehend konkretisiert worden, dass es sich – neben den bereits gegen ihn im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangenen Genussscheingläubigern – um (weitere) Genussscheingläubiger handelt, die ihre durch die Insolvenz der Gesellschaft erlittenen Verluste aus Kapitalanlagen nunmehr gegen den Antragsgegner mit der Argumentation der angeblichen Fehlerhaftigkeit der durch den Antragsgegner als Vorstand mitverantworteten Jahresabschlüsse der Gesellschaft zum 31.12.2004 und 31.12.2005 geltend machen. Dazu gehört der Antragsteller.""""
Im Übrigen beinhaltet die 13-seitige Schutzschrift v. 19.12.2012 neben rechtlichen Ausführungen umfängliche tatsächliche Ausführungen.
Dass der Antragsteller den Antragsgegner zuvor nicht in Anspruch genommen hat, ist unerheblich. Denn dass die Schutzschriften notwendig waren, ergibt sich bereits aus der Stellung des Eilantrages (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Anhang II, Rn 175 m.w.N.) bzw. der Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den, den Arrestantrag zurückweisenden Beschluss des LG Hamburg.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist auch kein Sachantrag erforderlich. Denn nach dem RVG reicht für eine 1,3-Verfahrensgebühr Sachvortrag aus (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 169 m.w.N.).
Der Antragsteller kann sich ferner nicht darauf berufen, die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV entstehe selbst dann nur einmal, wenn bei mehreren Gerichten eine Schutzschrift eingereicht werde, so dass dies auch hier gelten müsse. Denn hier handelt es sich nicht um eine Schutzschrift bei mehreren Gerichten gegen ein und denselben Antragssteller, sondern um eine Schutzschrift bei einem Gericht gegen diverse Antragsteller, die auch gesonderte Arrestanträge gegen den Antragsgegner gestellt haben. Es handelt sich daher um mehrere Angelegenheiten.
Schließlich dringt der Antragsteller damit nicht durch, die Schutzschrift sei nicht Gegenstand der Entscheidung des Gerichts gewesen, dieses habe den Arrestantrag ohne Bezugnahme auf die Schutzschrift zurückgewiesen. Denn dies war für den Antragsgegner nicht vorhersehbar (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 175).
AGS 1/2016, S. 34 - 35