Leitsatz
- Der Gebührenstreitwert einer Feststellungsklage des Mieters, dass der Mietzins um einen bestimmten Betrag bzw. Prozentsatz gemindert sei, bestimmt sich gem. §§ 48 GKG, 9 ZPO.
- Handelt es sich nach dem für die Streitwertbemessung maßgeblichen Vortrag des Mieters um einen behebbaren Mangel und ist die Mangelbeseitigung ebenfalls ein (nicht notwendig prozessuales) Anliegen des Mieters, gilt § 9 S. 2 ZPO.
- Gem. § 9 S. 2 ZPO ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Minderung auf eine bestimmte Dauer – nämlich bis zur Mängelbeseitigung – begrenzt ist und ihr Gesamtbetrag regelmäßig unter dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag liegt. Nach dem Rechtsgedanken des § 41 Abs. 5 S. 1 2. Alt. GKG ist im Allgemeinen von einem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung auszugehen.
KG, Beschl. v. 6.6.2016 – 12 W 19/16
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte vor dem AG die Feststellung begehrt, dass seine Wohnraummiete wegen verschiedener Mängel um bestimmte Prozentsätze gemindert sei. Er hat mit der Klageschrift vorgetragen, die Beklagte habe die Mängel trotz entsprechender Anzeigen nicht beseitigt. Das AG hat den Gebührenstreitwert nach dem zwölffachen Wert der monatlichen Minderungsbeträge festgesetzt. Hiergegen hat sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtet, die den zweiundvierzigfachen Wert für maßgeblich halten.
Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung der (Erst-)Beschwerde stattgegeben und den Wert gem. §§ 48 GKG, 9 ZPO nach dem zweiundvierzigfachen Wert festgesetzt. Eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG, wonach für bestimmte Ansprüche der zwölffache Wert festzusetzen ist, hat es abgelehnt. Die weitere Beschwerde gem. § 66 Abs. 4 GKG hat das LG wegen divergierender Rspr. verschiedener Kammern des LG zugelassen. Wegen der Einzelheiten der Begründung (auch zu abweichenden Entscheidungen anderer Kammern) wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Der Kläger begehrt mit seiner weiteren Beschwerde die Festsetzung nach einem zwölffachen Wert.
2 Aus den Gründen
Die gem. §§ 68 Abs. 1 S. 5 und 6, 66 Abs. 4 GKG zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Das AG hatte den Wert – abgesehen von einem für die Widerklage in Höhe von 105,24 EUR gem. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG außer Ansatz bleibenden Wert – der Höhe nach im Ergebnis zutreffend festgesetzt. Wegen der Wertfestsetzung im Einzelnen wird auf den Beschluss des AG Bezug genommen.
Das LG hat ebenfalls noch zutreffend den Gebührenstreitwert nach den §§ 40, 48 GKG, 9 ZPO bestimmt. Gem. § 9 S. 2 ZPO ist aber bei behebbaren Mängeln, deren Beseitigung der Mieter auch nur außerprozessual ernsthaft begehrt, für die Wertfestsetzung auf eine bestimmte Dauer des Minderungsrechts abzustellen, die hier mit einem Jahr angenommen werden kann.
§ 48 Abs. 1 GKG verweist auf die Regelungen der ZPO, "soweit nichts anderes bestimmt ist". Gem. § 9 S. 1 ZPO berechnet sich der Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs. Gem. § 9 S. 2 ist bei bestimmter Dauer des Bezugs der Gesamtbetrag maßgeblich, wenn er geringer ist. Für den Anspruch auf Feststellung eines bestimmten Minderungsbetrages findet sich im GKG keine gesonderte Regelung, so dass gem. § 48 GKG auf § 9 ZPO abzustellen ist.
Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG (so noch KG – 8 W 96/13, 6.1.2014, zitiert jeweils nach juris, mit Nachweisen zur bisherigen Rspr. und zum Meinungsstand) dürften nicht (mehr) vorliegen (ebenso OLG Frankfurt/Main v. 10.9.2014 – 2 W 61/14 [= AGS 2015, 31]; OLG Karlsruhe v. 20.9.2013 – 10 W 18/13 [= AGS 2014, 69]).
Die im Zuge des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes 2004 eingeführte Fassung des § 41 Abs. 5 GKG regelt konkret benannte Tatbestände, nämlich Ansprüche auf Mieterhöhung, Ansprüche des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen und Ansprüche des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen. Für diese Ansprüche wird abweichend von der allgemein nach den Vorschriften der ZPO maßgeblichen Wertbemessung eine konkrete Berechnung vorgeschrieben, die für den Gebührenstreitwert eines Anspruchs des Mieters auf Instandsetzung bzw. Mangelbeseitigung den Jahresbetrag einer angemessenen Minderung als maßgeblich bestimmt. Die Intention des Gesetzgebers bestand erklärtermaßen darin, eine bis dahin streitige Rechtsfrage über den Wert der vorgenannten Ansprüche gesetzlich zu klären. Sozialpolitische Erwägungen sollten maßgeblich sein, Instandsetzungs- Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen nicht nach ihrem Kostenaufwand, sondern nach einem begrenzten Streitwert zu bemessen (vgl. BT-Drucks 15/1971, 154 f.). Dem Mieter sollte danach ein ungestörter Mietgebrauch zu einem hinnehmbaren Kostenaufwand ermöglicht werden.
Eine planwidrige Regelungslücke in § 41 Abs. 5 GKG kann nicht angenommen werden. Dagegen spricht bereits die konkrete Normierung einzelner genau bezeichneter Ansprüche. Hätte der Gesetzgeber sämtliche Ansprüche des Mieters unter die Regelung fassen wollen, wäre nic...