BerHG § 2 Abs. 1; RVG VV Nrn. 2502, 2503
Leitsatz
Spricht alles dafür, dass die von dem antragstellenden Rechtsanwalt beantragte Einsicht in die Behördenakte nicht ausschließlich die Informationsbeschaffung zur Vorbereitung einer Beratung des Berechtigten bezweckte, liegt hierin ein die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV auslösendes Betreiben eines Geschäfts.
OLG Köln, Beschl. v. 15.5.2017 – 17 W 201/16
1 Sachverhalt
Auf den Antrag des Berechtigten wurde diesem vom AG ein Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch eine Beratungsperson gem. § 3 BerHG in der Angelegenheit "Widerspruch gegen SGB II Bescheid v. 16.7.2015" erteilt. Der Berechtigte wandte sich daraufhin an den Antragsteller, einen Rechtsanwalt. Dieser legte namens und im Auftrag des Berechtigten Widerspruch gegen den vorbezeichneten, von dem Jobcenter erlassenen Bescheid ein und beantragte zugleich Akteneinsicht. Nach stattgefundener Akteneinsicht nahm der Antragsteller den Widerspruch alsdann namens und im Auftrag des Berechtigten zurück.
Der Antragsteller beantragte sodann die Festsetzung seiner Vergütung durch die Landeskasse in einer Gesamthöhe von 121,38 EUR brutto, darunter einer Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV i.H.v. 85,00 EUR. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die dem Antragsteller zustehende Vergütung auf 49,98 EUR unter Zurückweisung seines weitergehenden Antrags fest. Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin im Wesentlichen aus, dass es dem Berechtigten zumutbar gewesen sei, den Widerspruch sowohl selbst einzulegen als auch nach erfolgter anwaltlicher Beratung selbst zurückzunehmen. Ein die Anwaltskosten aus eigenen Mitteln aufbringender Bürger hätte den Widerspruch nicht kostenverursachend durch einen Anwalt einlegen lassen. Die durch den Antragsteller bei dem Jobcenter für den Berechtigten beantragte Aktenanforderung stelle für sich genommen keine die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV auslösende Vertretung dar. Dem Antragsteller könne daher für seine Tätigkeit nur die Beratungsgebühr gem. Nr. "2502" (gemeint Nr. 2501) VV nebst Auslagenpauschale angewiesen werden.
Der Antragsteller legte gegen diesen Beschluss Erinnerung ein, der das AG – nach Anhörung des Bezirksrevisors als Vertreter der Landeskasse – abhalf und die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gem. dessen Antrag auf 121,38 EUR festsetzte. Es treffe zwar zu, so führte das AG zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass der Antragsteller den Widerspruch ebenso wie dessen Rücknahme unmittelbar selbst hätte erklären können und dass insoweit eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich gewesen sei. Indessen vermöge der angefochtene Beschluss nicht zu überzeugen, soweit darin die Aktenanforderung nicht als eine die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV auslösende Vertretung eingeordnet worden sei. Mit der Beantragung der Akteneinsicht, welche der Bewertung des weiteren Vorgehens im Widerspruchsverfahren gedient habe, sei das Geschäft betrieben worden. Das Tätigwerden des Rechtsanwalts habe sich nicht auf die Beratung beschränkt. Der von dem Bezirksrevisor gleichlaufend mit der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verfochtene Standpunkt, dass die Akteneinsicht allein zur Vorbereitung des Beratungsgesprächs erforderlich gewesen sei, bleibe unbelegt. Eine nach Nr. 2501 VV zu vergütende Beratung könne auch ohne vorherige Akteneinsicht erfolgen, etwa indem der Mandant auf die allgemeine Rechtslage hingewiesen und – vorerst – eine einzelfallbezogene Beurteilung anhand der von dem Mandanten mitgeteilten Tatsachen vorgenommen werde.
Gegen den vorbezeichneten Beschluss legte wiederum die Landeskasse – die in der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung zugelassene – Beschwerde ein, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführte, dass die Akteneinsicht bei Anwendung des für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmals einer nach außen gerichteten anwaltlichen Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nicht habe entstehen lassen. Nach den eigenen Ausführungen des Antragstellers stehe fest, dass er von dem Berechtigten nur aufgesucht worden sei, um den Bescheid des Jobcenters anwaltlich überprüfen zu lassen. Die Akteneinsicht habe allein der Beschaffung von Informationen zum Zwecke der Beratung des Berechtigten gedient und könne daher die Geschäftsgebühr nicht auslösen.
Das LG hat die Beschwerde der Landeskasse in dem nunmehr angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und hiergegen die weitere Beschwerde zugelassen. Diese hat die Landeskasse eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisher bereits verfochtenen Standpunkts ausgeführt, dass die ausschließlich der Beratung dienliche, durch einen Rechtsanwalt beantragte Akteneinsicht die Geschäftsgebühr nach Maßgabe von Nr. 2503 VV nicht auszulösen vermöge.
2 Aus den Gründen
Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 RVG statthafte und auch den weiteren Voraussetzungen nach zulässige weitere Beschwerde der Landeskasse hat in der Sache keinen Erfolg.
Soweit die vorgehenden Instanzen die dem Antragsteller nach gewährter Beratungshilfe aus der Landeskasse zu zahlende Vergütu...