Der Nebenklägervertreterin steht für ihre Tätigkeit in der Hauptverhandlung auch die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV zu. Nr. 4143 VV regelt die Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten oder seines Erben. Vorliegend ist für das Entstehen des Gebührenanspruchs der Nebenklägerin zunächst Voraussetzung, dass für den Abschluss eines Prozessvergleichs, der sich auf vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten bezog, eine ausdrückliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgte. Die zu Beginn der Hauptverhandlung erfolgte Beiordnung erstreckte sich nämlich noch nicht auf die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche des Verletzten. Erst durch die Erweiterung der Bestellung auf den Abschluss eines Vergleichs kommt eine Geltendmachung von Gebühren nach Nr. 4143 VV überhaupt in Betracht (vgl. BGH NJW 2001, 2486; OLG München StV 2004, 38; OLG Dresden AGS 2007, 405; OLG Hamm NStZ-RR 2001, 351).
Dem Entstehen einer Gebühr nach Nr. 4143 VV steht nicht entgegen, dass ein Adhäsionsverfahren nach § 404 Abs. 1 StPO nicht förmlich eingeleitet war: der Abschluss eines Vergleiches vor Gericht wurde nicht "bis zum Beginn der Schlussvorträge" beantragt, sondern erst im Schlussvortrag von der Nebenklagevertreterin angesprochen.
Dass das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4143 VV nämlich nicht vom förmlich gestellten Antrag nach § 404 Abs. 1 StPO abhängt, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des RVG. Nach der Vorbem. 4 VV entsteht die Verfahrensgebühr "für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information".
Somit entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts, sofern dieser beauftragt ist, im Strafverfahren hinsichtlich des vermögensrechtlichen Anspruchs tätig zu werden. Dass der Anspruch im Strafverfahren bereits anhängig geworden ist, ist nicht erforderlich (vgl. Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. VV Teil 4 Abschn. 1, Rn 133 ff.; AnwK-RVG/N. Schneider, 4. Aufl., VV 4143–4144 Rn 19; Hartung/Römermann/Schons, RVG, Nrn. 4143, 4144 VV Rn 9 ff.).
Durch die Verfahrensgebühren werden alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts im Strafverfahren abgegolten, soweit dafür keine anderen Gebühren im Abschnitt 4 des RVG vorgesehen sind (vgl. für den Fall der Gebühren nach Nr. 4112, 4113 VV: OLG Hamm, Beschl. v. 12.2.2008, 4 Ws 541/07 bei juris).
Hier ergibt sich schon aus dem gestellten Antrag der Nebenklägervertreterin, einen Vergleich über die vermögensrechtlich Ansprüche des Nebenklägers aufzunehmen, dass Rechtsanwältin B mit der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche beauftragt und insoweit für den Nebenkläger gegenüber dem Angeklagten bereits tätig war. Wenn dies in anderen Fällen, z.B. im Strafbefehlsverfahren, wenn kein formaler Antrag i.S.v. § 404 Abs. 1 StPO mehr gestellt werden konnte, für das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4143 VV genügt (vgl. Hartung/Römermann a.a.O.), muss dies erst recht für die vorliegende Fallgestaltung gelten, dass erst im Schlussvortag der Antrag auf den gerichtlichen Abschluss eines Vergleiches gestellt wird, der in der Hauptverhandlung abgeschlossen wird.
Soweit der angefochtene Beschluss die Kommentierung von Burhoff in Gerold/Schmidt, 18. Aufl., Nr. 4143, 4144, Rn 6 zur Begründung der gegenteiligen Auffassung heranzieht, überzeugt dies aufgrund der ausdrücklichen Formulierung des Gesetzes in der Vorbem. 4 nicht. Das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4143 VV setzt kein förmliches Verfahren nach §§ 403 ff. StPO voraus.
Die vom LG herangezogenen Entscheidungen des BGH betrafen im Übrigen gerade nicht das Entstehen der Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts des Nebenklägers, sondern die Geltendmachung eines Adhäsionsantrages an sich.
Der Vertreter des Nebenklägers steht deshalb die Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV zu.
Hingegen kann die Festsetzung der Vergleichsgebühr nach Nr. 1000 VV keinen Bestand haben. Durch die in Nr. 1000 VV vorgenommene Erhöhung der Vergleichsgebühr von 1,0 auf 1,5 soll nach dem Gesetzeszweck das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen, gefördert und belohnt werden. Eine Anrufung des Gerichts erfolgt gem. der Anm. Nr. 1003 VV aber auch dann, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig gemacht wird. Wenn – wie vorliegend – die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wie in der Anm. zu Nr. 1003 VV benannt, nicht lediglich für die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wurde, sondern Prozesskostenhilfe für den Abschluss eines Vergleichs beantragt und bewilligt wurde, wurde die Strafkammer nicht lediglich als Beurkundungsorgan, sondern auch im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage bei Formulierung des Vergleichs in Anspruch genommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 4.5.2009–5 Ta 97/09).
Die Vergleichsgebühr war deshalb nach Nr. 1003 VV auf 105,00 EUR festzusetzen.
Der Nebenklägervertreterin sind mithin folgende Gebühren und Auslagen zu erstatten:
1. |
Gebühr nach Nr. 4100 VV |
132,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr na... |