GKG § 45 Abs. 5 S. 1, 2. Var.
Leitsatz
Der Gebührenstreitwert der Klage auf Feststellung eines Mieters gegen den Vermieter, dass er wegen Mängeln der Mietsache zur Minderung berechtigt sei, richtet sich entsprechend § 45 Abs. 5 S. 1, 2. Var. GKG nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung.
KG, Beschl. v. 1.7.2009–8 W 59/09
1 Sachverhalt
Der klagende Mieter einer Wohnung hat die beklagte Vermieterin mit den Klageanträgen zu 1) und 2) auf Beseitigung bestimmter Mängel in Anspruch genommen und mit dem Klageantrag zu 3) die Feststellung, dass er bis zur Beseitigung dieser Mängel zur Minderung der Bruttowarmmiete von insgesamt 30 % berechtigt sei, verlangt. Die ungekürzte Miete betrug einschließlich der Nebenkostenvorschüsse monatlich 836,80 EUR. Nach einem Vergleichsschluss der Parteien hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss den Streitwert für die Klageanträge zu 1) und 2) zusammen auf 3.012,48 EUR und den Streitwert für den Klageantrag zu 3) auf 10.543,68 EUR festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Kläger, der die Auffassung vertritt, auch wegen des Feststellungsantrags sei auf den Jahresbetrag der Mietminderung abzustellen.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Das KG ist gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG zur Entscheidung berufen.
2. Der Streitwert des Klageantrags zu 3) beträgt (12 Monate x 251,04 EUR/Monat =) 3.012,48 EUR.
a) Nach der Rspr. des Senats zum bis zum 30.6.2004 geltenden Kostenrecht war der Gebührenstreitwert der Klage des Mieters auf Feststellung seiner Berechtigung zur Minderung nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung zu bemessen (Beschl. v. 6.11.2003–8 W 250/03, OLGR 2004, 306).
b) Die Frage, wie der Gebührenstreitwert nach dem seit dem 1.7.2004 geltenden Kostenrecht zu bemessen ist, ist in Rspr. und Lit. streitig. Teilweise wird angenommen, dass § 41 Abs. 5 GKG zumindest entsprechend auch für Feststellungsklagen über die Berechtigung oder Nichtberechtigung zur Minderung gelte (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 13.12.2007–67 T 144/07, GE 2008, 197, zit. nach juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, Anh § 3 Rn 82; Hartmann, KostG, 39. Aufl. 2009, § 41 GKG Rn 37 und Anh I § 48 GKG [§ 3 ZPO] Rn 82; Zimmermann, ZPO, 8. Aufl. 2008, § 3 Rn 20; Woitkewitsch, ZMR 2005, 840; so offenbar auch Meyer, GKG, 10. Aufl. 2008, § 41 Rn 23). Nach a.A., der sich das AG angeschlossen hat, ist § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 13.5.2008–63 T 58/08, GE 2009, 269; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 3 Rn 101) oder § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 9 ZPO (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl. 2007, Rn 3553) anwendbar.
c) Der Senat folgt der erstgenannten Ansicht (so auch schon im Senatsbeschl. v. 22.1.2007–8 U 140/06, nicht veröffentlicht). § 41 Abs. 5 S. 1, 2. Var. GKG ist entsprechend auf Fälle anzuwenden, in denen der Mieter die Feststellung seiner Berechtigung zur Minderung begehrt.
Eine Analogie ist zulässig und geboten, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. BGH NJW 2007, 3124, 3125). Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Die hier zu beurteilende Konstellation ist im GKG nicht geregelt. Dass man unabhängig hiervon in jedem Fall über § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zur Ermittlung eines Gebührenstreitwerts kommen könnte, steht der Annahme einer Regelungslücke nicht entgegen, zumal in der Rspr. des BGH anerkannt ist, dass gerade § 41 Abs. 5 S. 1, 2. Var. GKG analogiefähig ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 378, 379). Diese Regelungslücke ist planwidrig. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1971, S. 154 f.) ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber von einer Regelung bewusst abgesehen hat.
Zudem ist der Fall, dass ein Mieter auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen klagt, so weit mit dem Fall, dass der Mieter auf Feststellung der Berechtigung zur Minderung wegen Mängeln klagt, vergleichbar, dass eine Analogie wegen vergleichbarer Interessenlage angenommen werden kann. Der Gesetzgeber hat die Begrenzung des Gebührenstreitwerts für Klagen auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen zunächst aus sozialpolitischen Erwägungen eingeführt, um Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren von Klagen abzuhalten. Zudem sollte mit der gesetzlichen Regelung Rechtsklarheit geschaffen werden (BT-Drucks 15/1971, S. 154 f.). Beides gilt auch in der hiesigen Konstellation. Hohe Streitwerte können den Mieter nicht nur davon abhalten, den Vermieter auf Durchführung von Instandsetzungsarbeiten wegen Mängeln in Anspruch zu nehmen, sondern auch davon, Minderung geltend zu machen und durchzusetzen. ...