Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig ergangen. Die Urkundsbeamtin hat zu Recht weder eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV noch eine Erledigungsgebühr gem. Nr. 1002 VV angesetzt.
Nach § 61 Abs. 1 S. 1 RVG ist die BRAGO dann weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem 1.7.2004 erteilt worden ist. Hiervon ist die Urkundsbeamtin im Streitfall zutreffend ausgegangen. Die Erinnerungsführerin hatte am 28.6.2004 Klage erhoben. Ihr Klagebegehren war auf die Nichtaufhebung des für den Monat Dezember 1996 festgesetzten Kindergeldes gerichtet. Zur Durchsetzung dieses Begehrens hatte sie ihrem Prozessbevollmächtigten am 1.6.2004 einen unbedingten Auftrag erteilt. Nachdem das Klageverfahren seit dem Ergehen der Kurzmitteilung vom 2.11.2004 nicht weiterbetrieben und erst mit Verfügung des Gerichts vom 23.7.2008 wieder fortgeführt worden war, wurde ihrem Begehren durch Abhilfebescheid vom 7.8.2008 entsprochen. Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin war dabei aufgrund des ihm vor dem 1.7.2004 erteilten unbedingten Auftrags weiterhin in derselben Angelegenheit tätig. Eine (zusätzliche) Verfahrensgebühr für eine neue Angelegenheit nach Nr. 3200 VV ist daher nicht entstanden.
Die Regelung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG steht der Annahme einer weiteren Tätigkeit „in derselben Angelegenheit“ nicht entgegen. Zwar gilt nach dieser Vorschrift die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Jahren erledigt ist. Von einer Erledigung kann aber nicht ausgegangen werden, wenn ein gerichtliches Verfahren – in welcher Konstellation auch immer – (erst) nach mehr als zwei Jahren fortgesetzt wird. Es liegt dann immer noch dieselbe Angelegenheit vor (vgl. FG des Saarlandes, Beschl. v. 11.3.2008–2 KO 1643/07, AGS 2008, 290). Die Vorschrift des § 15 RVG entspricht § 13 BRAGO und stellt die Grundvorschrift über den Abgeltungsbereich der Gebühren dar (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks 15/1971, S. 190). Die Grundsätze der Rspr. zu § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO sind demnach auch auf § 15 RVG übertragbar. Zu § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO hat der BGH für den Fall der Verfahrensunterbrechung entschieden, dass diese Vorschrift nur anwendbar sei, wenn einem Rechtsanwalt nach Erledigung eines früheren Auftrags ein weiterer Auftrag erteilt worden sei. Nach dem Ende der Aussetzung des Verfahrens sei ein solcher Auftrag – der in dem vom BGH entschiedenen Fall jedoch nicht vorlag – zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aber nicht notwendig, weil es nicht erforderlich sei, dem Prozessbevollmächtigten anlässlich der Verfahrensaussetzung den ursprünglich erteilten Auftrag zu entziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 VII ZB 69/05, NJW 2006, 1525 [= AGS 2006, 323]).
Nach der Rspr. des BGH liegt eine neue Angelegenheit i.S.d. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO nicht schon dann vor, wenn die Vergütung des Rechtsanwalts für den bisherigen Auftrag gem. § 16 BRAGO fällig geworden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff Erledigung in § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO eine andere Bedeutung habe als in § 16 S. 2 BRAGO, gebe es nicht. Die in § 16 S. 2 BRAGO genannten Fälle, stellten keine Erledigung i.S.d. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO dar. Für die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem der Lauf der Zwei-Jahres-Frist beginne, sei sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach den Gesetzesmaterialien die Erledigung des Auftrags maßgeblich (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 – VII ZB 69/05, NJW 2006, 1525, m. w. Nachw. [= AGS 2006, 323]).
Nach dieser Auffassung, der sich der erkennende Senat anschließt, kann der Meinung, dass für eine Erledigung i.S.d. § 13 Abs. 5 BRAGO nicht der endgültige Abschluss des Verfahrens, sondern die Fälligkeit der Vergütung nach § 16 BRAGO maßgebend sei (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.5.2002–8 W 640/01, OLGR 2002, 345 [= AGS 2003, 19], OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.5.2009–6 W 219/08, AGS 2009, 432, Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl., § 15 RVG Anm. 103; Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 15 RVG Rn 97), nicht gefolgt werden (vgl. auch AnwK-RVG/N. Schneider, 3. Aufl., § 15 Anm. 268). Die Systematik des § 16 BRAGO bzw. des an dessen Stelle getretenen § 8 Abs. 1 RVG spricht ebenfalls dafür, dass es auf den endgültigen Abschluss des Verfahrens ankommt. Diese Vorschriften zur Fälligkeit regeln in ihrem S. 1 bzw. Abs. 1 S. 1 den Grundfall, dass die Vergütung des Rechtsanwalts fällig wird, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendigt ist. In § 16 S. 2 BRAGO bzw. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG wird darüber hinaus bestimmt, dass bei einer Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtsanwaltsvergütung auch dann fällig wird, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendigt ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Dieser Vorschrift hätte es in dieser Form aber nicht bedurft, wenn auch bei einer länger als drei Monate dauernden Verfahrensruhe schon von einer Erledigung oder Beendigung aus...