Leitsatz
Liegt eine die Vollstreckung für unzulässig erklärende Entscheidung nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 767 ZPO nicht vor, bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstands gem. § 61 Abs. 1 FamFG bezogen auf die Abweisung des nur auf die Herausgabe des Titels gerichteten Antrags – wie bei dem Vollstreckungsabwehrantrag – regelmäßig nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. Dabei ist der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit anzusetzen (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04 – NJW-RR 2006, 1146).
BGH, Beschl. v. 17.9.2014 – XII ZB 284/13
1 Sachverhalt
Der Antragsteller begehrt unter anderem von der Antragsgegnerin zu 2), seiner geschiedenen Ehefrau, die Herausgabe zweier Kostenfestsetzungsbeschlüsse, die sie in zwei Unterhaltsverfahren gegen ihn erwirkt hatte. In dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.12.2010 wurden die Kosten in Höhe von 747,46 EUR zu ihren Gunsten festgesetzt; in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.1.2011 in Höhe von 40,07 EUR.
Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu 2), die Antragsgegnerin zu 1), erwirkte auf der Grundlage der vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschlüsse auf ihren Namen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Nach dessen Zustellung behielt die Arbeitgeberin des Antragstellers insgesamt 1.053,69 EUR von dessen Lohn ein und hinterlegte diesen Betrag beim AG. Anschließend hob das AG den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf, weil die Kostenfestsetzungsbeschlüsse nicht die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu 2) als Gläubigerin ausgewiesen hätten.
Unter anderem mit der Behauptung, die Antragsgegnerin zu 2) sei noch im mittelbaren Besitz der Kostenfestsetzungsbeschlüsse, begehrt der Antragsteller die Herausgabe der beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse von der Antragsgegnerin zu 2), gesamtschuldnerisch mit der Antragsgegnerin zu 1).
Das AG hat die Klage durch Teilurteil abgewiesen. Das LG hat die Berufung des Antragstellers verworfen. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner Rechtsbeschwerde.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 117 Abs. 1 S. 4, 112 Nr. 1 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO statthaft (zum anwendbaren Verfahrensrecht vgl. Senatsbeschluss vom 17.12.2008 – XII ZB 125/06, MDR 2009, 1000). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), das den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren Senatsbeschl. v. 25.9. 2013 – XII ZB 200/13, NJW 2014, 77 Rn 4 m.w.Nachw.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstands zu niedrig bemessen und damit das Rechtsmittel zu Unrecht verworfen. Maßgeblich ist nach § 61 Abs. 1 FamFG – ebenso wie nach dem vom Beschwerdegericht herangezogenen § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO – die Wertgrenze von 600,00 EUR.
a) Das LG hat seine Entscheidung damit begründet, dass sich der Streitwert nach dem Interesse des Rechtsmittelführers am Besitz der Urkunden bemesse, das darin bestehe, einen Missbrauch der Titel durch die Antragsgegnerin zu 2) zu verhindern. Dieser Wert sei auf 10 % der Hauptsachebeträge der streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu schätzen, mithin auf 78,82 EUR. Bei der Bewertung sei zu berücksichtigen, dass eine Vollstreckung aus den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen bereits erfolgt sei und die Drittschuldnerin den entsprechenden Betrag hinterlegt habe. Der Streit der Beteiligten drehe sich daher vorrangig um die Frage, wer Anspruch auf den hinterlegten Betrag habe.
Der Antragsteller habe selbst vorgetragen, dass lediglich von ihrer Verfahrensbevollmächtigten, nicht aber von der Antragsgegnerin zu 2) Vollstreckungsmaßnahmen erfolgt seien. Die Aufrechnung und der Bestand der Forderung, mit der gegen die streitbefangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse aufgerechnet worden sei, seien nicht bestritten. Streitig sei allein die zeitliche Priorität der Abtretung an ihre Verfahrensbevollmächtigte und die Tatsache, dass die Antragsgegnerin zu 2) die den Kostenfestsetzungsbeschlüssen zugrunde liegenden Forderungen tatsächlich abgetreten habe. Bereits hieraus erhelle sich, dass von der Antragsgegnerin zu 2) eine vernachlässigbare geringe Vollstreckungsgefahr für den Antragsteller ausgehe. Die Hinweise auf ein Weisungsrecht der Antragsgegnerin zu 2) gegenüber ihrer Verfahrensbevollmächtigten gingen fehl, da nach dem Sach- und Streitstand ein solches Weisungsrecht nicht in Betracht komme. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu 2) habe nach dem Vortrag des Antragstellers in der Klageschrift die letztlich gescheit...