Leitsatz
- Für die Bemessung des Streitwerts des selbstständigen Beweisverfahrens ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich; das Gericht hat vielmehr nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04).
- Gemessen hieran ist für die Wertfestsetzung auch dann allein die Höhe der vom Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungskosten maßgeblich, wenn diese den Betrag, den der Antragsgegner dem Antragsteller vor Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens im Hinblick auf den streitgegenständlichen Mangel bereits gezahlt hat, nicht übersteigen.
OLG Celle, Beschl. v. 2.9.2014 – 4 W 127/14
1 Sachverhalt
Die Antragsteller haben ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet mit dem Ziel, das Vorhandensein eines konkret bezeichneten Mangels festzustellen und die diesbezüglichen Mangelbeseitigungskosten ermitteln zu lassen. Den voraussichtlichen Gegenstandswert haben die Antragsteller in der Antragsschrift mit 13.500,00 EUR angegeben. Bereits vor Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens hatte der Haftpflichtversicherer der Antragsgegner an die Antragsteller im Hinblick auf den streitgegenständlichen Mangel einen Betrag in Höhe von 3.000,00 EUR geleistet. Im selbstständigen Beweisverfahren hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige den Mangel bestätigt und voraussichtliche Mangelbeseitigungskosten in Höhe von brutto 1.650,00 EUR veranschlagt. Nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens hat das LG den Wert des selbstständigen Beweisverfahrens auf bis 500,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Gericht nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers festzusetzen habe. Dies führe dazu, dass der Streitwert vorliegend auf die niedrigste Gebührenstufe anzusetzen sei, da nach den Feststellungen des Sachverständigen ein über die gezahlten 3.000,00 EUR hinausgehender Schaden nicht bestehe. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner, mit der er begehrt, den Streitwert auf 13.500,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass dieser Wert der Wertvorstellung der Antragsteller zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens entspreche.
2 Aus den Gründen
Die gem. §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner hat nur zum Teil Erfolg. Der Streitwert für das selbstständige Beweisverfahren ist in Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung auf 1.650 EUR festzusetzen; eine Festsetzung auf 13.500,00 EUR, wie von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner begehrt, kommt dagegen nicht in Betracht.
1. Nach der Rspr. des BGH, der der Senat folgt, ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich. Das Gericht hat vielmehr nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass dann, wenn im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen sind, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (vgl. BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04 [= AGS 2005, 21]).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Wert des selbstständigen Beweisverfahrens auf 1.650,00 EUR festzusetzen. Der Sachverständige hat den – im vorliegenden Verfahren einzig streitgegenständlichen – Mangel bestätigt und die diesbezüglichen Mangelbeseitigungskosten mit brutto 1.650,00 EUR veranschlagt. Dies ist nach den vorstehend gemachten Grundsätzen der "richtige" Hauptsachewert; entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es auf die Wertvorstellung der Antragsteller zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens, die sich im Nachhinein als objektiv unrichtig herausgestellt hat, nicht an.
3. Die vorstehend gemachten Ausführungen entsprechen zunächst auch denen, die das LG in seinem Ausgangspunkt getätigt hat. Den hieran anknüpfenden weiteren Überlegungen des LG vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Der Senat versteht die Argumentation des LG so, dass dieses gemeint hat, dass das selbstständige Beweisverfahren deshalb keinen eigenständigen Wert habe und folglich die niedrigste Gebührenstufe anzusetzen sei (wobei allerdings dann das LG den Streitwert konsequenterweise auf bis 300,00 EUR hätte festsetzen müssen), weil das Gutachten gerade nicht geeignet sei, in einem späteren Hauptsacheverfahren verwendet zu werden, da die vom Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungskosten bereits den seitens der Antragsgegner gezahlten Entschädigungsbetrag unterschreiten würden.
Dem vermag sich der Senat nicht anzus...