Leitsatz
- Hat der Mandant aufgrund einer nach § 4b RVG unverbindlichen Vergütungsvereinbarung gezahlt, so kann er den über die gesetzliche Vergütung hinaus gezahlten Betrag nach Bereicherungsrecht zurückverlangen.
- Die Rückforderung ist nach § 814 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Mandant wusste, dass er auf eine unverbindliche Forderung gezahlt hat und er insoweit nicht zur Zahlung verpflichtet war.
- Ein Ausschluss des Rückforderungsanspruchs nach Treu und Glauben kommt nur dann in Betracht, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen.
BGH, Urt. v. 22.10.2015 – IX ZR 100/13
1 Sachverhalt
Der Kläger war im Jahr 2001 vom LG zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden und hatte diese anschließend verbüßt. Im Jahr 2008 beauftragte er die Beklagten mit seiner Vertretung in einem Wiederaufnahmeverfahren und bezahlte an sie zunächst in Teilbeträgen insgesamt 25.000,00 EUR und später auf Anforderung des Beklagten zu 1) weitere 2.380,00 EUR. Für die Tätigkeit der Beklagten in einem weiteren Wiederaufnahmeverfahren gegen einen Strafbefehl zahlte der Kläger 5.000,00 EUR. Insoweit erteilten die Beklagten dem Kläger eine Abrechnung nach dem RVG und erstatteten den nach dieser Abrechnung überzahlten Betrag von 4.334,19 EUR.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Differenz zwischen den geleisteten Zahlungen abzüglich des Erstattungsbetrags und der nach seiner Ansicht geschuldeten gesetzlichen Vergütung in Höhe von 1.102,18 EUR, mithin den Betrag von 26.943,63 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten zurück. Das LG hat der Klage mit Ausnahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben. Das OLG hat die Verurteilung der Beklagten auf den Betrag von 2.380,00 EUR zuzüglich Zinsen herabgesetzt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des LG. Die Beklagten haben Anschlussrevision eingelegt mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.
2 Aus den Gründen
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt zur weitgehenden Verurteilung der Beklagten (nachfolgend unter II.). Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet (unter III.).
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Parteien für das erste Wiederaufnahmeverfahren eine mündliche Vergütungsvereinbarung über einen Betrag von 25.000,00 EUR geschlossen. Diese habe nicht den formellen Voraussetzungen des § 3a RVG entsprochen. Gleichwohl könne der Kläger nicht die Rückzahlung der geleisteten 25.000,00 EUR verlangen. Zwar liege kein Fall des § 814 BGB vor. Nach der glaubhaften Bekundung des Beklagten zu 1) habe der Kläger aber, als der Beklagte zu 1) am Ende einer Besprechung gesagt habe, er müsse eine Honorarvereinbarung abschließen, erwidert, er brauche keine Honorarvereinbarung; für ihn sei die Bezahlung seiner Anwälte eine Sache der Ehre, er habe seine Anwälte immer bezahlt und werde dies auch weiterhin tun. Damit habe der Kläger durch sein Verhalten auf einen Rückzahlungsanspruch verzichtet. Die Höhe der vereinbarten Vergütung sei auch nicht sittenwidrig, insbesondere weil mit der Tätigkeit ein hoher Zeitaufwand verbunden gewesen sei.
Als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzugewähren sei hingegen der gesondert angeforderte Betrag von 2.380,00 EUR. Eine Vergütungsvereinbarung sei insoweit nicht geschlossen worden, und gesetzliche Gebühren stünden den Beklagten nicht zu, weil es sich bei der berechneten Tätigkeit nicht um einen gesondert abrechenbaren Gegenstand gehandelt habe.
Kein Rückzahlungsanspruch ergebe sich hinsichtlich der für das zweite Wiederaufnahmeverfahren geleisteten Zahlung von 5.000,00 EUR. Der Kläger habe die Abrechnung der Beklagten über gesetzliche Gebühren in Höhe von 665,81 EUR nicht beanstandet. Mit der Erstattung der Überzahlung von 4.334,19 EUR sei diese Angelegenheit abgeschlossen.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Mit Recht nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass bei der von den Parteien getroffenen Vereinbarung über eine pauschale Vergütung in Höhe von 25.000,00 EUR für die Tätigkeit der Beklagten im Zusammenhang mit dem Wiederaufnahmeverfahren betreffend die Verurteilung durch das LG die durch § 3a Abs. 1 S. 1 RVG vorgeschriebene Textform nicht eingehalten wurde. Rechtsfehler werden insoweit im Revisionsverfahren nicht gerügt und sind auch nicht erkennbar. Der Formmangel macht die Vereinbarung zwar nicht nichtig. Er führt aber dazu, dass der Anspruch der Beklagten auf die gesetzliche Vergütung beschränkt ist (§ 4b S. 1 RVG; BGH, Urt. v. 5.6.2014 – IX ZR 137/12, BGHZ 201, 334 Rn 16 ff., 31 [= AGS 2014, 319]). Diese beläuft sich einschließlich Kopiekosten und Entgeltpauschale auf 1.102,18 EUR. Die entsprechende Berechnung des Klägers haben die Beklagten nicht beanstandet.
2. Der daraus folgende Anspruch des Klägers auf Herausgabe der über die gese...