Leitsatz
Das Entstehen der Terminsgebühr setzt nicht voraus, dass ein förmlicher Aufruf erfolgt ist.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 17.8.2015 – 2 Ws 51/15
1 Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Pflichtverteidiger des in der Haft befindlichen Angeklagten B. in einem Strafverfahren vor dem LG.
Die Rechtspflegerin des LG hatte die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für den Verteidiger festgesetzt und dabei die Terminsgebühr für den 28.7.2014 abgesetzt und eine mehr als einstündige Pause am 4.8.2014 abgezogen. Hiergegen hatte der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hatte. Der Richter hat die Erinnerung zurückgewiesen.
Dagegen hat der Anwalt Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, dass die Terminsgebühr am 28.7.2014 festzusetzen ist, weil an diesem Tag eine Hauptverhandlung i.S.d. § 234 StPO stattgefunden hat. Aus dem Protokoll ergebe sich, dass die Hauptverhandlung von 9:02 Uhr bis 9:20 Uhr stattgefunden habe.
Bei dem Hauptverhandlungstermin am 4.8.2014 hätte die Pause nicht abgezogen werden dürfen, weil er diese Pause, in der die Hauptverhandlung unterbrochen war, dafür genutzt habe, einen Befangenheitsantrag zu fertigen.
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde gem. §§ 56, 33 RVG hat hinsichtlich der abgesetzten Hauptverhandlungsterminsgebühr vom 28.7.2014 Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
Das LG hat völlig zutreffend darauf abgestellt, dass die Terminsgebühr nur dann anfällt, wenn am 28.7.2014 ein Verhandlungstermin (Hauptverhandlungstag i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 4121 VV) stattgefunden hat. Der Beschwerdeführer hatte vorliegend unmittelbar vor Aufruf der Sache zum ersten Hauptverhandlungstag am 28.7.2014 ein schriftliches Befangenheitsgesuch eingereicht. Das für den Sitzungstag gefertigte Protokoll, das vom Vorsitzenden und der Protokollführerin unterschrieben ist, weist eine Verhandlung von 9:02 Uhr bis 9:20 Uhr auf. In dem Protokoll ist die komplette Anwesenheit der Richterbank inklusive der Schöffen vermerkt. Ein formaler Aufruf zur Sache ist nicht notiert. Ebenso sind die weiteren Anwesenden nicht vermerkt. Weiter ist festgehalten, dass der Vorsitzende sodann mitteilte, dass aufgrund des Ablehnungsantrags am heutigen Tag die Hauptverhandlung nicht durchgeführt werden könne und der nächste Termin zur Hauptverhandlung wie bereits bestimmt am Donnerstag, dem 31.7.2014 stattfinden werde.
Das Protokoll belegt damit, dass eine Hauptverhandlung stattgefunden hat. Dass vorliegend nicht förmlich aufgerufen wurde und auch die Anwesenheit nicht ordnungsgemäß protokolliert worden ist, ist insoweit unschädlich. Ein förmlicher Aufruf zur Sache ist ebenso wie die Präsenzfeststellung keine wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung i.S.d. § 273 Abs. 1 StPO (Meyer-Goßner, § 243 Rn 4 am Ende und Rn 5).
Ob verhandelt werden soll, ergibt sich durch das äußere Erscheinungsbild, bei dem die Beteiligten als erstes erkennen können, dass zur Sache verhandelt werden soll. Dies ergibt sich vorliegend dadurch, dass die komplette Kammer inklusive Schöffen als anwesend im Protokoll vermerkt worden ist und zumindest über die bloße Entgegennahme des Ablehnungsantrages hinaus auch eine Einlassung oder eine Erklärung des Beschwerdeführers zum Ablehnungsantrag vermerkt worden ist. Entscheidend ist darüber hinaus, dass nicht die Kammer nach § 228 StPO die Hauptverhandlung abgesetzt und am nächsten geplanten Sitzungstag neu begonnen hat, sondern der Vorsitzende die (weitere) Verhandlung lediglich (aufgrund des Befangenheitsantrags) auf den nächsten Sitzungstag verlegt hat.
Damit ist kostenrechtlich ein Sitzungstag angefallen, so dass die Hauptverhandlungsgebühr vom Pflichtverteidiger im Ergebnis zu Recht in Ansatz gebracht worden ist.
Die Berechnung der Terminsgebühr am 4.8.2014 ist zutreffend. Die Hauptverhandlung dauerte ausweislich des Protokolls am 4.8.2014 von 9:11 Uhr bis 17:05 Uhr. Die Verhandlung war u. a von 13:16 Uhr bis 14:31 Uhr für mehr als eine Stunde unterbrochen. Während dieser Zeit musste der Verteidiger auch nicht damit rechnen, dass die Hauptverhandlung vom Gericht wieder aufgerufen werden wird. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats, auf die das LG bereits hingewiesen hat, war diese über eine Stunde dauernde Pause bei der Berechnung in Abzug zu bringen, sodass insgesamt eine normale Hauptverhandlungsgebühr und keine mit Zuschlag für Überlänge festzusetzen war. Während dieser Zeit war der Beschwerdeführer nicht für die Kammer tätig, musste auch nicht bereit stehen, mithin ist er auch nicht zu vergüten. Es stand ihm frei, dieses Zeitfenster anderweitig – auch im eigenen Interesse – zu nutzen. Was er mit diesem Zeitfenster macht, wie er es ausfüllt und was er in dieser Zeit tut, ist, wie der Senat in seiner Grundsatzentscheidung ausführlich begründet hat, völlig irrelevant. Entscheidend ist, dass er nicht mehr für dieses Verfahren und nicht mehr für das Gericht zur Verfügung stehen muss. Dass der Beschwerdeführer die Zeit vorliegend dazu genutzt hat, einen Bef...