Die Erinnerung gegen die Prozesskostenhilfevergütungsfestsetzung ist zulässig und hat Erfolg, soweit der Erinnerungsführer eine (fiktive) Terminsgebühr beansprucht, im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Zu Unrecht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine (fiktive) Terminsgebühr nicht angesetzt. Die Gebühr steht dem Erinnerungsführer nach Nr. 3106 S. 1 Nr. 1 VV zu.
Nach dieser Bestimmung fällt eine (fiktive) Terminsgebühr an, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Ob unter "schriftlicher Vergleich" lediglich ein Prozessvergleich zu verstehen ist oder ob die Gebühr auch dann entsteht, wenn das Verfahren in Zusammenhang mit einem außergerichtlichen Vergleich über den Streitgegenstand beendet worden ist, wird uneinheitlich beurteilt (für ein weites Verständnis: LAG Hamburg, Beschl. v. 16.8.2010 – 4 Ta 16/10, juris; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV 3104 Rn 69; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 3104 Rn 15; restriktiv, d.h. nur Prozessvergleiche, etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 8.10.2015 – L 6 AS 1863/14; Bayerisches LSG, Beschl. v. 22.5.2015 – L 15 SF 115/14 E; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 20.7.2015 – L 7/14 AS 64/14 B [= AGS 2016, 69]).
Die besseren Gründe sprechen dafür, dass die fiktive Terminsgebühr auch nach einem außergerichtlichen schriftlichen Vergleich entsteht.
Schon der weit gefasste Wortlaut spricht hierfür. Nach dem natürlichen Verständnis des Wortsinnes wird mit der Wendung "schriftlicher Vergleich" ohne Einschränkung jeder Vergleich bezeichnet; von dem Begriff werden sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Vergleiche umfasst. Da ein Prozessvergleich stets die Schriftform erfüllt, ist zudem bei einer restriktiven Interpretation der Zusatz "schriftlich" nicht zu erklären. Systematische Gründe sprechen ebenfalls dafür, unter einem schriftlichen Vergleich im Sinne Nr. 3106 VV alle Vergleiche zu verstehen. Denn an anderen Stellen ist das Gesetz präzise; wenn ausschließlich Prozessvergleiche gemeint sind, werden diese grundsätzlich als "gerichtliche Vergleiche" bezeichnet (etwa § 101 Abs. 1 S. 2 SGG, § 195 SGG, § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG; siehe auch § 198 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). Es wäre nicht recht verständlich, wenn in den Verfahrensordnungen, die der Vergütung zugrunde liegen, gerichtliche Vergleiche genau benannt werden, bei der in viel höherem Maße auf Klarheit angelegten Vergütungsregelung aber nicht.
Entscheidend sind aber Sinn und Zweck der Bestimmung. Eine restriktive Gesetzesauslegung, die unter schriftlichen Vergleichen lediglich Prozessvergleiche versteht, könnte womöglich zur Folge haben, dass bereits ausgehandelte gütliche Einigungen nur oder doch auch aus Gebührengründen tituliert werden. Das Gebührenrecht will aber Anreize bieten, gerichtliche Verfahren schnell und effektiv abzuwickeln. Es honoriert Anstrengungen der Beteiligten, gütliche Einigungen selbst auszuhandeln. Sind sie sich über eine gütliche Beendigung des Rechtsstreits einig, soll nicht mit Blick auf weitere Gebühren zusätzlicher gerichtlicher Aufwand verursacht werden. Der auf eine Entlastung der Sozialgerichte gerichtete Sinn der Bestimmung würde deshalb in sein Gegenteil verkehrt werden, wenn die Beteiligten, obwohl sie sich über die materielle Beilegung des Rechtsstreits einig sind, gebührenrechtliche Vorteile erzielen könnten, wenn sie diese Einigung nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG titulieren ließen; eine Titulierung, und zwar auch eine außerhalb eines Termins, ist stets mit erheblicher Inanspruchnahme des Gerichts verbunden. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Sozialgerichte mit Anträgen nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG überhäuft werden. Statt Beschleunigung und Entlastung wären Verzögerung und Belastung die Folge. Dies kann von dem Gesetzgeber bei der Neufassung der Bestimmung zum 1.8.2013 aber nicht gewollt worden sein, denn es würde seiner erklärten Absicht zuwiderlaufen, auf einen schnellen Verfahrenslauf hinzuwirken. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die bewährte herkömmliche Verfahrensweise, außergerichtliche Vergleiche mit prozessbeendenden Erklärungen zu verbinden (vgl. hierzu Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 3104 Rn 15), zurückgedrängt werden sollte.
Im Übrigen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine restriktive Auslegung dazu führt, dass außergerichtliche Einigungen vor einem Termin erst gar nicht zustande kommen, dass sich also Beteiligte nicht vorab, sondern erst in einem Termin zu einem Vergleichsangebot der Gegenseite verhalten oder auf Vorschläge des Gerichts im Termin zuwarten. Auch dies würde den Verfahrenslauf nicht fördern.
Klarstellend ist anzumerken, dass, wie ein Vergleich mit der ersten Alternative der Nr. 3106 S. 1 Nr. 1 VV ergibt, die fiktive Terminsgebühr nur dann anfällt, wenn in Zusammenhang mit einem schriftlichen außergerichtlichen Vergleich für den ...