Auch im Rechtsmittelverfahren ist eine ermäßigte 0,5-Terminsgebühr im Falle der Säumnis vorgesehen (Nrn. 3203, 3211 VV). Hier ist allerdings – im Gegensatz zur ersten Instanz – danach zu differenzieren, welche Partei säumig ist.
1. Säumnis des Rechtsmittelführers
Erscheint der Rechtsmittelführer nicht und ist er auch nicht ordnungsgemäß vertreten, reduziert sich die Terminsgebühr auf 0,5 (Nrn. 3202, 3211 VV), da das Rechtsmittel dann ohne weitere Prüfung zurückgewiesen wird. Insoweit kann auf die Ausführungen zur ersten Instanz zurückgegriffen werden. Ebenso ist zu rechnen, wenn bei Säumnis des Rechtsmittelführers nur ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird oder das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet.
2. Säumnis des Rechtsmittelgegners
Ist der Rechtsmittelbeklagte in der mündlichen Verhandlung säumig, kommt die Reduzierung nicht in Betracht. Es bleibt bei der vollen 1,2-Terminsgebühr im Berufungsverfahren (Nr. 3202 VV) und der 1,5-Terminsgebühr im Revisionsverfahren (Nr. 3210 VV), da das Gericht in diesem Fall in eine Sachprüfung einsteigen muss. Es muss prüfen, ob ausgehend vom Sachvortrag des Rechtmittelführers das Rechtsmittel begründet ist.
Beispiel 20
Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Der Kläger und Berufungsbeklagte erscheint in der mündlichen Verhandlung nicht und ist auch nicht vertreten. Es ergeht antragsgemäß sofort ein Versäumnisurteil.
Das Versäumnisurteil gegen den Berufungsbeklagten führt nicht zu einer Ermäßigung der Terminsgebühr (arg. e Nr. 3203 VV). Es fällt daher die volle 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV an.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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1.040,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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780,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.840,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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349,60 EUR |
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Gesamt |
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2.189,60 EUR |
Ebenso bleibt es in diesem Fall bei einer vollen Terminsgebühr, wenn nur ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird oder das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet.
3. Wechselseitige Rechtsmittel
Erscheint bei wechselseitigen Rechtsmittel eine Partei nicht, so ist zu differenzieren. Für die Abwehr des gegnerischen Rechtsmittels entsteht nur die ermäßigte Terminsgebühr. Für die Verhandlung über das eigene Rechtsmittel bleibt es dagegen bei der vollen Terminsgebühr. Zu beachten ist dann wiederum § 15 Abs. 3 RVG.
Beispiel 21
Erstinstanzlich waren 15.000,00 EUR eingeklagt. Das Gericht hatte den Beklagten zur Zahlung von 10.000,00 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Beide Parteien legen Berufung ein. Der Beklagte erscheint in der mündlichen Verhandlung nicht und ist auch nicht anwaltlich vertreten. Durch Versäumnisurteil wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und der Berufung des Klägers stattgegeben.
Aus dem Wert der Berufung des Beklagten entsteht nur die ermäßigte 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3203 VV. Aus dem Wert der Berufung des Klägers entsteht dagegen die volle 1,2-Terminsgebühr der Nr. 3202 VV (arg. e Nr. 3203 VV). Zu beachten ist wiederum § 15 Abs. 3 RVG, der hier jedoch nicht greift.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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1.040,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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363,60 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
0,5-Terminsgebühr, Nr. 3203 VV |
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279,00 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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(die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 15.000,00 EUR = 780,00 EUR, ist nicht überschritten) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.702,60 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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323,50 EUR |
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Gesamt |
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2.026,09 EUR |
Autor: Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 12/2017, S. 549 - 556