ZPO § 3; BGB §§ 2038, 2040
Leitsatz
- Gegen einen Streitwertbeschluss des BGH ist keine Beschwerde zulässig, jedoch ist eine Gegenvorstellung statthaft, die, in der für eine Beschwerde geltenden Frist des § 68 Abs. 1 S. 3 GKG, eingelegt werden muss.
- Für die Streitwertfestsetzung gem. § 3 ZPO ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels maßgebend. Erstrebt ein Miterbe vom anderen Miterben die Zustimmung zur alleinigen Verfügungsbefugnis über das Konto der Erbengemeinschaft, so ist dieses Interesse mit der Höhe des Wertes des anderen Erbteils, nicht jedoch mit dem Gesamtwert des Kontos zu bewerten.
BGH, Beschl. v. 8.10.2019 – IV ZR 33/19
1 Sachverhalt
Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten dazu, von einem Konto einer aus beiden Parteien bestehenden Erbengemeinschaft mit je hälftigem Anteil einen Betrag von 114.278,10 EUR auf ein allein auf seinen Namen lautendes Konto zu zahlen. Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und den Streitwert auf 57.139,05 EUR festgesetzt. Der Senat hat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschl. v. 4.9.2019 zurückgewiesen und den Streitwert ebenfalls auf 57.139,05 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die im eigenen Namen erhobene Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 23.9.2019.
2 Aus den Gründen
Die Gegenvorstellung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Gegen einen Streitwertbeschluss des BGH ist zwar keine Beschwerde zulässig. Statthaft ist aber eine Gegenvorstellung, die in der für eine Beschwerde geltenden Frist des § 68 Abs. 1 S. 3 GKG eingelegt werden muss (BGH, Beschl. v. 7.4.2011 – VII ZR 66/07, juris Rn 7). Diese Frist ist hier eingehalten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten konnte diese auch im eigenen Namen einlegen (§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG).
2. Die Gegenvorstellung ist jedoch unbegründet. Maßgebend für die Streitwertfestsetzung gem. § 3 ZPO ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, BGHZ 128, 85 juris Rn 13). Dabei ist grds. nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Der tatsächliche oder rechtliche Einfluss der Entscheidung auf andere Rechtsverhältnisse bleibt demgegenüber außer Betracht (BGH, Großer Senat für Zivilsachen a.a.O.; MüKo-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 3 Rn 7).
Hier erstrebt der Kläger mit seinem Antrag die Wiedererlangung der alleinigen Verfügungsbefugnis über einen Betrag von 114.278,10 EUR, auf den bisher nur beide Parteien als Miterben gemeinschaftlich zugreifen konnten (vgl. §§ 2038, 2040 BGB). Auch wenn die Beklagte mithin alleinige Verfügungen des Klägers über das Konto verhindern konnte, ändert dies nichts daran, dass er durch die ursprünglich vorgenommene Überweisung der 114.278,10 EUR auf ein Konto der Erbengemeinschaft diesen Betrag nicht vollständig aus seinem Vermögen ausgegliedert hat, sondern über die Erbengemeinschaft weiterhin zur Hälfte an diesem Vermögenswert beteiligt ist. Sein wirtschaftliches Interesse beläuft sich daher nur auf die Hälfte dieses Betrages, mithin auf 57.139,05 EUR. Diese Bemessung des Streitwerts ergibt sich unmittelbar aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und dem vom Kläger verfolgten Begehren. Um eine Auswirkung auf andere Rechtsverhältnisse geht es hier nicht.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist meines Erachtens unzutreffend. Dem Kläger ging es um die Rück- bzw. -auszahlung des Betrages i.H.v. 114.278,10 EUR. Das war sein Interesse und nicht nur die Hälfte. Ob und inwieweit er später bei der Auseinandersetzung des Nachlasses die Hälfte des vorgenannten Betrages überhaupt erhalten hätte, steht nämlich gar nicht fest.
Man denke nur an den Fall, dass der Nachlass i.H.v. 114.278,10 EUR überschuldet wäre. Dann hätte der Kläger nämlich von seinem Geld nichts mehr bekommen, weil dieses Geld bei einer Auseinandersetzung gerade einmal die Schulden des Nachlasses gedeckt hätte. Wäre dieses Geld aber zunächst an den Kläger zurückgezahlt worden, weil es nicht zum Nachlass gehört, dann hätte der Kläger sich hinsichtlich der Verbindlichkeiten auf die Dürftigkeitseinrede berufen können.
Lediglich vom hälftigen Wert wäre dann auszugehen, wenn der andere Miterbe freiwillig bereits den hälftigen Betrag ausgekehrt hätte. Dann hätte man sich nur noch über den anderen hälftigen Betrag gestritten.
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 12/2019, S. 571 - 572