Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Antragstellerinnen wenden sich allein dagegen, dass das LG die beantragte Mehrvertretungsgebühr (Nr. 1008 VV) abgesetzt hat. Sie stehen auf dem Standpunkt, wenn – wie hier – zwei Antragsteller jeweils einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen einen Antragsgegner geltend machen, läge nur eine Angelegenheit nach § 15 Abs. 2 RVG vor. Die Voraussetzungen für die Mehrvertretungsgebühr seien damit erfüllt.
2. Nach Nr. 1008 VV erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person, wenn der gemeinsame Prozessbevollmächtigte für mehrere Auftraggeber in "derselben Angelegenheit" tätig wird. Dies gilt bei Wertgebühren nur, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit "derselbe" ist. Es ist in der Rspr. umstritten, ob diese Voraussetzungen bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen "von" Streitgenossen oder "gegenüber" Streitgenossen gegeben sind.
a) Im Presserecht wird vertreten, dass die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen verschiedener Gläubiger, die durch ein- und dieselbe rechtsverletzende Handlung entstanden sind (Verletzung von Persönlichkeitsrechten mehrerer Personen durch eine Presseberichterstattung), als eine Angelegenheit zu behandeln sind. Ein einheitlicher Auftrag könne nämlich auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird, wobei ggfs. durch Auslegung ermittelt werden müsse, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber gemeinsam oder ob er für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte (BGH, Urt. v. 11.1.2011 – VI ZR 64/10, juris Rn 14). Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass den Klägern jeweils eigene höchstpersönliche Unterlassungsansprüche zustehen. Denn eine Angelegenheit könne mehrere Gegenstände umfassen (BGH, Urt. v. 21.6.2011 – VI ZR 73/10, juris Rn 13).
b) Eine ähnliche Auffassung vertritt das OLG Düsseldorf im Patentrecht. Der Begriff "derselben Angelegenheit" sei nicht notwendigerweise identisch mit dem prozessualen Streitgegenstandsbegriff (vgl. Traub, WRP 1999, 79, 81). Er sei vielmehr aus dem Zweck dieser Vorschrift zu bestimmen, den bei Mehrfachvertretung erhöhten Arbeitsaufwand und die erhöhte Haftungs-Verantwortung des Rechtsanwalts abzugelten. Soweit der Klage ein einheitlicher Lebensvorgang zugrunde liege, der wie bei einer Gesamtschuld zu einer Erweiterung der anwaltlichen Tätigkeit führe, sei diese durch die pauschale Erhöhungsgebühr abzugelten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.2007 – I-2 W 55/06, juris Rn 3; a.A. für das Wettbewerbsrecht: OLG Düsseldorf, GRUR 2000, 825, 826)
c) Nach anderer Auffassung sind Unterlassungsansprüche mehrerer Gläubiger aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur als selbstständige Klagen zu betrachten, mit der Folge, dass keine Mehrvertretungsgebühren nach Nr. 1008 VV festzusetzen sind (OLG Koblenz, Beschl. v. 27.9.2011 – 14 W 532/11 [= AGS 2012, 431]; AG Hamburg, Urt. v. 8.4.2008 – 36A C 233/07). Auch nach der Rspr. des erkennenden Senats fallen Erhöhungsgebühren im Allgemeinen nicht an, wenn gleichlautende Unterlassungsansprüche von Streitgenossen oder gegenüber Streitgenossen geltend gemacht werden (vgl. Senat, Beschl. v. 29.6.2009 – 6 W 85/09, m.w.N.; BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, Rn 8 [= AGS 2008, 327]), da die gleichlautenden Unterlassungsanträge regelmäßig mehrere Gegenstände i.S.v. § 22 Abs. 1 RVG betreffen, die in dem festgesetzten Gesamtstreitwert gesondert, aber addiert enthalten sind (Senat, Beschl. v. 16.12.2009 – 6 W 199/09).
d) Ob im Hinblick auf den skizzierten Meinungsstand in Zukunft an der bisherigen Senatsrspr. in allen Fällen festzuhalten ist, kann vorliegend offenbleiben. Im Streitfall liegen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Erhöhungsgebühr i.S.v. Nr. 1008 VV nicht vor. Der Antragstellervertreter ist zwar für die von ihm vertretenen Antragstellerinnen in derselben Angelegenheit tätig geworden, da es hierfür regelmäßig schon genügt, dass die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. BVerfGE 96, 251, 255 [= AGS 1998, 19]). Es fehlt jedoch an der Identität des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit. Die Antragstellerinnen stützen ihren Unterlassungsantrag auf zwei unterschiedliche Schutzrechte, nämlich eine Unionsmarke, deren Inhaberin die Antragstellerin zu 1) ist, und ein Unternehmenskennzeichenrecht, dessen Inhaber die Antragstellerin zu 2) ist. Es waren also für jeden Gläubiger verschiedene Schutzrechte und Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Für eine Erhöhungsgebühr ist daher kein Raum. Vielmehr werden nach § 22 Abs. 1 RVG die Werte mehrerer Gegenstände in derselben Angelegenheit zusammengerechnet. Sie sind in dem Gesamtstreitwert enthalten.
AGS 12/2020, S. 563 - 564