Der Verteidiger hat für die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV die Festsetzung eines Betrages von 560,00 EUR beantragt. Das AG hatte die Mittelgebühr (nach altem Recht) i.H.v. 320,00 EUR festgesetzt.
Das hat das LG nicht beanstandet. Auf der Grundlage der h.M. zu den Maßstäben des § 14 Abs. 1 RVG und zur Unbilligkeit der anwaltlichen Gebührenbestimmung, wenn sie die sog. Toleranzgrenze von 20 % überschreitet, sei die von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten vorgenommene Erhöhung der Mittelgebühr auf den seinerzeit gültigen Höchstsatz von 560,00 EUR. Angemessen sei die Mittelgebühr von 320,00 EUR. Der Rechtsanwalt erhalte die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV für das Betreiben des Geschäfts im Berufungsverfahren, soweit für die jeweilige Tätigkeit nicht besondere Gebühren vorgesehen seien (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4124 VV, Rn 12). Abgegolten seien damit insbesondere schriftliche und mündliche Kontakte des Verteidigers zu seinem Auftraggeber und zum Gericht sowie Tätigkeiten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung. Bei der Bemessung der Höhe der Gebühr seien über § 14 Abs. 1 RVG die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die konkrete Höhe der Gebühr sei abhängig von den vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten. Insoweit könne also z.B. von Bedeutung sein, ob und ggfs. wie umfangreich der Rechtsanwalt die Berufung begründet oder wie umfangreich die Berufungsbegründung des Berufungsgegners war, mit der er sich auseinandersetzen musste (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4124 VV Rn 23). Von Belang sei auch die Schwierigkeit des Tatvorwurfs oder ob die Berufung (des Nebenklägers) ggfs. unzulässig war (LG Köln, Beschl. v. 23.2.2011 – 111 Qs 40/11). Auch der Umfang der (allgemeinen) Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung habe Auswirkungen auf die Höhe der Gebühr (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O.). Eine zeitintensive Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung kann die Festsetzung der Höchstgebühr rechtfertigen (LG Hechingen, Beschl. v. 29.5.2020 – 3 Qs 43/20).
Im vorliegenden Fall sei der Verteidiger nicht zur Ausschöpfung der Höchstgebühr berechtigt. Zwar sei insoweit insbesondere mit rund 21 Monaten eine überdurchschnittliche Dauer des Berufungsverfahrens zu berücksichtigen, ebenso, dass der zugrunde liegende Tatvorwurf bereits über drei Jahre zurücklag, was im Ergebnis die Einordnung als leicht überdurchschnittlichen Bezug auf den Umfang des Berufungsverfahrens rechtfertigt. Eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit sei hingegen nicht anzunehmen, vielmehr seien sie als durchschnittlich einzustufen. Insoweit sei es keinesfalls außergewöhnlich, dass sowohl in tatsächlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht beurteilt werden müsse, wer Eigentümer des nach dem Anklagevorwurf entwendeten Kabels gewesen sein und ob insoweit ein wirksamer Strafantrag vorlag. Darüber hinaus habe der Rechtsanwalt zutreffend aufgrund des Umstands, dass die ehemalige Angeklagte als Hausfrau ohne eigenes Einkommen sei, deren Vermögensverhältnisse als unterdurchschnittlich eingestuft.