Der Antrag auf Beratungshilfe ist zweifelsfrei vom unmittelbar selbst betroffenen, also dem Rechtsuchenden zu unterschreiben. Die Anlagen sind ebenfalls "selbst" zu erklären und damit zu unterschreiben. In der dem Fall 2 (VerfGH Münster) zugrundeliegenden Entscheidung hatte das ablehnende Gericht zwar nicht den Antrag über den elektronischen Weg selbst beanstandet, stattdessen aber die Nichtbeifügung des "Originals" des Antrages. Tatsächlich war ja nur ein (unterschriebener) Scan selbigen beigefügt gewesen. Grds. – so die Entscheidung – bestünde bei gescannten Dokumenten das Problem, dass nicht zweifelsfrei eine Zuordnung der Unterschriften sämtlicher Unterlagen vorgenommen werden könne. Daher bestünde das Recht zur Vorlage des Originalantrages. Ähnlich sah es auch das AG Freudenstadt (s. I. 1.), indem es in seiner Entscheidung darauf ergänzend hinwies, dass persönliche Erklärungen des Rechtsuchenden von diesem selbst zu fertigen sind und nicht durch den Anwalt auf elektronischem Weg übersandt werden können.
Grds. sieht das BerHG aber nun seit 1.8.2021 explizit eine Möglichkeit zur elektronischen Antragstellung vor. Folgerichtig wird man dieses Recht auch nicht mehr aberkennen oder mit Medienbrüchen negativ begründen können. Denn genau zu diesem Zweck wurde das BerHG ja geändert oder mit anderen Worten: ein denkbarer bestehender Medienbruch beseitigt. Die Argumentation, es seien noch nicht alle gesetzlichen Vorschriften an die Erfordernisse des elektronischen Rechtsverkehrs angepasst, zieht mithin bei der Beratungshilfe also nicht mehr.
Folgerichtig muss der elektronische Antrag spätestens seit 1.8.2021 möglich sein und es stellt sich in einem zweiten Schritt dann die Frage, wie dieser auszusehen hat. Die Antwort darauf wird nun die Lage ab 1.8.2021 zeigen. Die sukzessive flächendeckende Einführung der eAkte wird die elektronische Antragstellung erst richtig zudem effektiv im weiteren Workflow gestalten. Die elektronische Antragstellung wird auch an manchen Stellen für mehr Sicherheit sorgen, insbesondere dann, wenn es sich um einen nachträglichen Antrag handelt. Beantragt bspw. die Beratungsperson (nachträgliche) Beratungshilfe elektronisch, wird man den Berechtigungsschein dann auch an sie in elektronischer Form übersenden können. Mit dieser Variante wird die bekannte Gefahr einer doppelten Abrechnung für den Fall, dass der Bürger mit dem ihm persönlich (nachträglich erteilten) Berechtigungsschein einen weiteren Rechtsanwalt aufsucht, gebannt. Dies gilt insbesondere, wenn der "beantragende" Anwalt als ermächtigt gilt, den eigentlich dem Bürger zustehenden Berechtigungsschein in Empfang zu nehmen. Zu beachten ist jedoch weiterhin, dass die höchstpersönlichen Erklärungen sowie die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vom Rechtsuchenden selbst und nicht von einem Vertreter abzugeben sind. Reicht nunmehr die Beratungsperson den Antrag mittels sicherem Übermittlungsweg oder qualifiziert signiert ein, so umfasst dies gesetzlich streng gesehen nicht auch die gerichtliche Überprüfung der Authentizität der höchstpersönlich abzugebenden Erklärungen.
Praktisch wird man es aber genügen lassen müssen, wenn die Unterlagen dann vom Rechtsuchenden höchstpersönlich unterschrieben werden, der Rechtsanwalt diese persönliche Erklärung dann einscannt und sicher übermittelt – am besten noch mit einer anwaltlichen Versicherung, wonach die Unterschriften vom Mandanten höchstpersönlich vorgenommen wurden. Ähnlich sieht es zumindest das LAG Chemnitz in seiner Entscheidung aus Oktober 2018 – hier jedoch zur "großen Schwester" der Beratungshilfe, der PKH. Ein PKH-Antrag, der nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, sondern schriftlich gestellt wird (§ 117 Abs. 1 S. 1 ZPO), muss danach vom Antragsteller unterschrieben und mit der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben versehen werden, so das Gericht. Ausreichend sei es jedoch dabei, wenn feststehe, dass die Erklärung von der Partei stamme, denn § 117 Abs. 2 ZPO verlange nicht, dass die Erklärung, um wirksam zu sein, eigenhändig unterschrieben sein und im Original vorgelegt werden müsse. Ein vollständig ausgefüllter und vom Antragsteller unterschriebener PKH-Erklärungsvordruck könne vielmehr auch in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift vorgelegt werden. Diese "Tendenz" der Rspr. zur PKH setzte sich 2021 fort. Auch bei der PKH besteht Formularzwang. Hier ist (schon länger zweifelsfrei) der elektronische Rechtsweg eröffnet, auch hier sind die Erklärungen "höchstpersönlich." Das LAG Rostock betonte in seiner Entscheidung vom Juni 2021 zwar die Uneinheitlichkeit der Frage der Vorlage des "Originals" in der Rspr. Danach sei es umstritten, ob das Formular im Original unterschrieben sein muss oder ob die Übermittlung eines elektronischen Dokuments bzw. eines Telefaxes genügt, sofern feststeht, dass die Erklärung von der Partei stammt. Das LAG Rostock lässt jedoch erkennen, d...